„Alle Menschen haben ein Recht auf Klimaschutz“

Zukunftsklage

Im März 2021 entschied das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe mit seinem Klimabeschluss über eine wegweisende Verfassungsbeschwerde von Greenpeace, Germanwatch und Protect the Planet. Nun reicht Greenpeace gemeinsam mit vielen Unterstützenden eine neue Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht ein. Mit der Klageschrift fordert Anwältin Dr. Roda Verheyen konkrete Maßnahmen zum Schutz des Klimas. Die Hamburger Umweltrechtlerin erklärt, warum Greenpeace diesen Schritt geht und wie sich Menschen an der Klage beteiligen können.

Liebe Roda, eine Verfassungsbeschwerde für alle vor dem Bundes­verfassungsgericht – wie kann das funktionieren?

Vor das Bundesverfassungsgericht ziehen diesmal einige der Menschen, die schon beim letzten Mal dabei waren, aber auch weitere, die persönlich, beruflich oder gesundheitlich besonders von der Klimakrise betroffen sind. Denn das Bundesverfassungsgericht hat 2021 gesagt: Alle Menschen, vor allem der jüngeren Generation, sind in ihren Freiheitsrechten verletzt, wenn das Tempo beim Klimaschutz zu langsam ist und wir unser CO2-Budget überziehen. Das ist der Fall. Die Politik hört bisher nicht auf das Bundesverfassungsgericht. Deswegen können alle die Verfassungsbeschwerde unterstützen, denn alle Menschen haben ein Recht auf Klimaschutz. Ich finde es wichtig, dass das Verfassungsgericht sieht: Wir nehmen eure Urteile ernst. Und der Klimabeschluss schützt nun mal unzählige Menschen in Deutschland vor dem Verschieben von Klimaschutzmaßnahmen in die Zukunft.

Dr. Roda Verheyen, Anwältin für Umweltrecht aus Hamburg
Dr. Roda Verheyen, Anwältin für Umweltrecht aus Hamburg

Wie funktioniert die neue Verfassungs­beschwerde?

Die neue Verfassungsbeschwerde baut auf dem Klimabeschluss von 2021 auf. Das damalige Urteil hat die Weichen gestellt. Damals haben vor allem junge Menschen dafür gekämpft, dass klima-schädliche Treibhausgase schneller und stärker reduziert werden. Trotz Verbesserungen der Klimaziele nach dem Urteil blieben vor allem im Verkehrssektor nur leere Versprechungen der politisch Verantwortlichen. Unser CO2-Budget, das die Richter:innen damals als Kernstück von notwendigem Klimaschutz anerkannt haben, ist in einigen Jahren aufgebraucht – das verstößt gegen den Richterspruch aus Karlsruhe. Die Beschwerde sagt nun einfach: Nehmt Klimaschutz als Menschenrecht ernst, verwässert nicht das Klimaschutz-gesetz mit der aktuellen Novelle und vor allem: Erlasst endlich Maßnahmen im Verkehrsbereich, damit gesichert ist, dass der Klima-beschluss kein Papiertiger wird.

Mit dem neuen Klimaschutzgesetz muss Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) keine Maßnahmen mehr vorlegen, auch wenn der Sektor nicht auf Kurs ist.

Genau. Deutschland erlebt heute einen Verkehrsinfarkt auf den Straßen und der klima-freundliche Ausbau von Bus und Bahn bleibt auf der Strecke. Wir wollen, dass Karlsruhe Maßnahmen anordnet, damit der Verkehrssektor weniger CO2 verursacht und es zum Beispiel für Menschen, besonders in ländlichen Regionen, eine bessere ÖPNV-Anbindung als Alternative zum eigenen Auto gibt. Solche Gesetze sind freiheitssichernd und müssen endlich kommen – weil sonst, wie bisher, die wirtschaftlich Bessergestellten munter weiter Treibstoff in großen Autos und Flugzeugen verbrennen. Und die anderen zahlen die Zeche. Es ist nämlich absehbar, dass man sich dann als Geringverdiener Mobilität nicht mehr leisten kann.

Was gibt Dir Kraft und Hoffnung für den neuen Prozess?

Das neue Klimaschutzgesetz ist verfassungswidrig. Es verstößt gegen die vom Bundesverfassungsgericht bereits anerkannten Freiheitsrechte junger Menschen. Und wir können einen weiteren Trumpf ausspielen. Der Europäische Menschengerichtshof hat im jüngsten Urteil der „Klima Seniorinnen“ gegen die Schweiz die Beweislast umgekehrt: Künftig muss der Staat belegen, dass seine Klimaschutzpolitik ausreichend ist.

KLÄGER:IN WERDEN

Sie möchten das Bundesverfassungsgericht auffordern, wirksamen Klimaschutz durchzusetzen? Dann können Sie sich der Verfassungs­beschwerde anschließen. Alle Informationen dazu finden Sie online unter www.zukunftsklage.greenpeace.de

Sie können uns auch gerne anrufen unter Tel. 040/30618-0 oder schreiben Sie uns an:
mail@greenpeace.de

Es genügt ein Wohnsitz in Deutschland und eine Unterschrift (bei unter 18 Jährigen mit einer Unterschrift der Sorge­berechtigten). Kosten fallen nicht an und eine persönliche Begründung ist nicht nötig.