Wälder sind mehr als Holz

Waldschutz

Die Wälder der Welt stehen stark unter Druck – sei es im Kongo, in Amazonien, Indonesien, Schweden oder in den Karpaten. Auch in Deutschland geht es ihnen schlecht. Deshalb macht sich Greenpeace schon seit vielen Jahren für ein wirksames Waldschutzgesetz stark

Laut Waldzustandserhebung 2023 sind vier von fünf Bäumen in Deutschland krank. Vier von fünf! Was setzt unseren Wäldern so sehr zu? Ganz sicherlich die Klimakrise, die durch Trockenheit und Hitze Bäume stresst und für Krankheiten und Schädlinge anfällig macht. Aber auch die industrielle Forstindustrie selbst. Sie hat natürliche Wälder nach und nach abgeholzt und in Nadelforste umgewandelt. Aus dem einfachen Grund, weil diese schneller wachsen und deshalb mehr Ertrag geben. De facto stand die Holzproduktion bei der Waldnutzung in den vergangenen Jahrzehnten immer an erster Stelle. Möglich gemacht hat das ein laxes Bundeswaldgesetz, das der industriellen Forst- und Holzwirtschaft einen Freifahrtschein für die rücksichtslose Ausbeutung wertvoller Wälder ausgestellt hat.

Naturwälder der Karpaten enden als Billigmöbel — dagegen protestierten Greenpeace-Aktive vor Ikea-Filialen wie hier in Stockholm
Naturwälder der Karpaten enden als Billigmöbel — dagegen protestierten Greenpeace-Aktive vor Ikea-Filialen wie hier in Stockholm

Waldschutzgesetz als
historische Chance

Damit könnte bald Schluss sein: Nach 50 Jahren soll dieses Waldgesetz nun reformiert werden. „Landwirtschaftsminister Cem Özdemir hat die historische Chance, das bestehende ‚Abholzgesetz‘ in ein ‚Waldschutz­gesetz‘ umzuwandeln“, sagt Greenpeace-Wald­expertin Dorothea Epperlein. Wie es aussehen soll, fasst Greenpeace in zehn Punkten zusammen. Die wesentlichen Aspekte: Holzeinschlag soll gesetzlich eingeschränkt und Monokulturen sollen zu naturbelassenen Laubwäldern umgebaut werden. Mindestens 15 Prozent Waldfläche sollen dauerhaft und strikt geschützt und Waldbesitzende verpflichtet werden, naturnah – also schonend – zu wirtschaften. Denn der Wald ist mehr als nur Holz. Er ist ein lebendiges Ökosystem, das kühlt, CO2 speichert, Sauer­stoff produziert und vielen Pflanzen und Tieren Lebensraum bietet.

Das sehen auch mehr als 80.000 Menschen so, die eine Greenpeace-Petition für starken Waldschutz unterschrieben haben. Nur zwei Wochen vor der Veröffentlichung der erschreckenden Waldschadensbilanz aus dem Hause Özdemirs übergab Martin Kaiser, Geschäftsführender Vorstand von Greenpeace, dem Minister die Petition. Mit der unmissverständlichen Botschaft, dass jetzt das Landwirtschaftsministerium am Zug sei, um die ökologische Waldwende einzuleiten.

Greenpeace begnügt sich aber nicht mit Petitionen, um international den Wandel zu mehr Waldschutz auf den Weg zu bringen. Beispielsweise fördert die Umweltorganisation zusammen mit der Umweltstiftung Greenpeace ab Herbst 2024 den neuen Studiengang „Sozial-ökologisches Waldmanagement“. Und in vielen Ländern arbeitet Greenpeace investigativ: Sowohl in den rumänischen Karpaten als auch im Norden Schwedens deckte Greenpeace krasse Fälle von Waldzerstörung auf.

Ein Investigativteam von Greenpeace Nordic deckte auf, dass Naturwälder in Schweden für Wegwerfprodukte wie ­Verpackungen abgeholzt werden – unsere Grafik dokumentiert beispielhaft die Wege der Stämme
Ein Investigativteam von Greenpeace Nordic deckte auf, dass Naturwälder in Schweden für Wegwerfprodukte wie ­Verpackungen abgeholzt werden – unsere Grafik dokumentiert beispielhaft die Wege der Stämme
In abgeholzten Stämmen platzierten Greenpeace-Aktive Bluetooth-Tracker. Per Smartphone ließen sich die Transporte verfolgen.In Zellstofffabriken werden aus Wäldern Pappen. Zu den größten Abnehmern zählen Unternehmen wie Amazon, HelloFresh und Zalando
In abgeholzten Stämmen platzierten Greenpeace-Aktive Bluetooth-Tracker. Per Smartphone ließen sich die Transporte verfolgen.In Zellstofffabriken werden aus Wäldern Pappen. Zu den größten Abnehmern zählen Unternehmen wie Amazon, HelloFresh und Zalando

Ikea-Zulieferer und Onlinehandel
vernichten Wälder

Der Gebirgszug der Karpaten zieht sich über acht europäische Länder hinweg. Im rumänischen Teil der Karpaten recherchierten Greenpeace-Investigativteams aus verschiedenen Ländern monatelang die Lieferketten der gefällten Stämme. Mithilfe von Satellitenbildern, Abholzgenehmigungen,­ Holzlagern und Handelsregistern gelang es ihnen, den Weg des Holzes aus alten, schützenswerten Wäldern Rumäniens bis zu Ikea-Filialen – auch in Deutschland – nachzuverfolgen. Klar ist: Über seine Zulieferer steht der schwedische Konzern für günstiges Wohnen mit der Zerstörung von Ur­wäldern in Verbindung. Und das, obwohl Ikea prominent mit Umwelt- und Nachhaltigkeitsversprechen wirbt!

„Wir dürfen die biologisch vielfältigsten Wälder, darunter die letzten Urwälder Europas, nicht für Möbel opfern.

Gesche Jürgens Greenpeace-Wald­expertin

Diese Wälder sind für die Gesundheit des Planeten unverzichtbar, wir brauchen sie, um die Arten- und Klimakrise in den Griff zu bekommen“, so Greenpeace-Wald­expertin Gesche Jürgens. „Die Politik muss die Wälder per Gesetz vor Holzeinschlag schützen und Unternehmen sicherstellen, dass ihre Lieferketten nicht mit Waldzerstörung in Verbindung stehen.”

Wie aus Naturwäldern in Schweden Wegwerfprodukte für Amazon, HelloFresh und Zalando werden, zeigte eine neue Greenpeace-Recherche.

Gefördert von der Umweltstiftung Greenpeace

Studieren für
die Waldwende

Deutschlands Wälder brauchen eine andere Bewirtschaftung. Anstatt sie als Holzäcker auszubeuten, gilt es, sie ganzheitlich als Ökosysteme zu verstehen. Deshalb fördert die Umweltstiftung Greenpeace die Entwicklung des innovativen Bachelorstudiengangs „Sozialökologisches Waldmanagement“. Ab Herbst 2024 werden an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde in Brandenburg Fachkräfte für die dringend nötige Waldwende ausgebildet. Als Lernort und Praxisbeispiel soll den Studierenden der „Zukunftswald Unterschönau“ dienen – ein langfristig angelegtes Leuchtturmprojekt der Umweltstiftung Greenpeace in Thüringen. Hier soll sich eine Fichtenmonokultur wieder in einen naturnahen Mischwald verwandeln. Vorgesehen sind drei Stiftungsprofessuren, im Mittelpunkt des Studiums steht der komplexe Lebensraum Wald mit seinen vielfältigen Funktionen für die Natur und das Gemeinwohl. In den Lehrplan wird auch die Waldexpertise des Greenpeace e.V. einfließen.

Möchten Sie mehr über die Stiftung erfahren?
Rufen Sie uns einfach an unter Tel. 040/30618-234
Mehr Infos unter: umweltstiftung-greenpeace.de

Auf Erkundungstour in den rumänischen Karpaten: Greenpeace-Waldexpertin Gesche Jürgens und ihr Kollege Ciprian Galusca
Auf Erkundungstour in den rumänischen Karpaten: Greenpeace-Waldexpertin Gesche Jürgens und ihr Kollege Ciprian Galusca

Stundenlang verfolgten Greenpeace-Teams Holztransporter von Kahlschlägen zu Sägewerken, glichen die Standorte mit Karten von alten, schützenswerten Wäldern ab und konnten nachweisen: Im nördlichen Schweden werden intakte Naturwälder gerodet! Diese Kahlschläge gefährden das Überleben bedrohter Tier- und Pflanzenarten, aber auch den Lebensstil der einzigen Indigen der Europäischen Union: der Sami. Bis heute leben sie von der traditionellen Rentierzucht. Im Winter ernähren sich die Tiere vornehmlich von Flechten, die vor allem in alten, naturnahen Wäldern wachsen.

Um zu beweisen, dass die gefällten Stämme als Verpackungsmüll enden, bestückten Greenpeace-Aktive etliche mit Bluetooth-Trackern. Die aufwändige Analyse der Lieferketten ergab eindeutig: Schwedische Papierfabriken verarbeiten Holz aus schützenswerten Wäldern auch zu Verpackungspapier und liefern ihre Rohpapiere vor allem nach Deutschland. So entsteht das Risiko, dass Unternehmen wie Amazon, HelloFresh und Zalando zur Waldzerstörung in Schweden beitragen. Greenpeace fordert diese Unternehmen auf, von Holz aus Naturwäldern Abstand zu nehmen und auf Mehrwegverpackungen umzusteigen.

Wie Finanzkapital die Natur zerstört: Das Cover dieser Ausgabe stammt aus dem Video „Money Tree“, das im Rahmen der globalen Greenpeace-Waldkampagne „Defund Nature Destruction Now“ produziert wurde. Es demonstriert, wie Banker mit ihren Investments Wälder vernichten und damit Profite machen.
Wie Finanzkapital die Natur zerstört: Das Cover dieser Ausgabe stammt aus dem Video „Money Tree“, das im Rahmen der globalen Greenpeace-Waldkampagne „Defund Nature Destruction Now“ produziert wurde. Es demonstriert, wie Banker mit ihren Investments Wälder vernichten und damit Profite machen.

Zerstörerische Finanzbranche

Europas Finanzinstitute finanzieren globale Naturzerstörung – seit dem Pariser Klimaabkommen flossen rund 270 Milliarden US-Dollar (davon allein 45 Milliarden aus Deutschland) in Geschäfte, die in direktem Zusammenhang mit Naturzerstörung wie der Abholzung von Wäldern stehen. Im Rahmen der globalen Greenpeace-Waldkampagne „Defund Nature Destruction Now“ wurden Investitionen und Kredite an große Unternehmen mit sogenannten Wald-Risikoprodukten untersucht, zu denen etwa Palmöl, Kakao und Soja zählen. So vergab die Deutsche Bank Milliardenkredite an vier Konzerne, die weltweit Wälder vernichten: Bunge, Cargill, JBS und Sinar Mas Group. Greenpeace fordert die EU auf, dringend neue gesetzliche Regeln für den Finanzsektor einzuführen, um entwaldungsfreie Lieferketten zu garantieren.

Petitionsübergabe im Wald: Zu Besuch beim Forstbetrieb Reiersdorf in Brandenburg: Bei der Petitions-übergabe forderte Martin Kaiser, Geschäftsführender Vorstand von Greenpeace (2. v. r.), Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (rechts) auf, ein starkes Waldschutz­gesetz auf den Weg zu bringen
Petitionsübergabe im Wald: Zu Besuch beim Forstbetrieb Reiersdorf in Brandenburg: Bei der Petitions-übergabe forderte Martin Kaiser, Geschäftsführender Vorstand von Greenpeace (2. v. r.), Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (rechts) auf, ein starkes Waldschutz­gesetz auf den Weg zu bringen
Protestaktion in Prag: Mit Helm und Kettensäge statteten Greenpeace-Aktive Statuen am tschechischen Landwirtschaftsministerium aus. Der Behörde werfen sie vor, alte und artenreiche Karpatenwälder nicht vor Abholzung zu schützen
Protestaktion in Prag: Mit Helm und Kettensäge statteten Greenpeace-Aktive Statuen am tschechischen Landwirtschaftsministerium aus. Der Behörde werfen sie vor, alte und artenreiche Karpatenwälder nicht vor Abholzung zu schützen

TIPPS

Sie können auch selbst etwas tun, damit sich die Wälder wieder erholen können: Tipps für einen bewussteren Umgang mit Holzprodukten finden Sie hier 

Einige der letzten europäischen Urwälder werden zu Kartons. Hier geht es zum Video dazu.