Es ist ein wackeliger Flug. Wir sitzen eingepfercht in dem kleinen Flugzeug und hoffen, dass wir die Notfallplastiktüten nicht brauchen werden. Gerade sind die Turbulenzen besonders heftig, da ruft der Pilot plötzlich: „Garimpo, Garimpo!“
Was wir unter uns sehen, verstärkt die Übelkeit noch. Seit zwei Stunden fliegen wir über den endlos scheinenden Amazonas-Regenwald – doch jetzt klafft da unten eine riesige Wunde. Rötlichgelbe Schlammgruben soweit das Auge reicht, dazwischen zahlreiche blau schimmernde Wasserbecken. Fast sehen sie schön aus, aber wir wissen: Wasser und Böden sind mit Chemikalien und Schwermetallen verseucht.

„Garimpo“ – so nennt man in Brasilien illegale Goldgräber:innen im Amazonasgebiet. Mit Baggern rücken sie auch in die entlegensten Regionen, zerstören Pflanzen und Boden, vertreiben die Tiere. Besonders bitter: Die Garimpos nutzen hochgiftiges Quecksilber, um das Gold aus den Sedimenten zu lösen. Das Schwermetall gelangt in Böden und Gewässer, vergiftet Fische, Säugetiere sowie Amphibien und reichert sich in der Nahrungskette an. Auch Menschen nehmen es über die Nahrung auf. Das Nervengift kann schwere neurologische Schäden, Blindheit und Missbildungen verursachen.

Während der Pilot über den Minen Kreise dreht, machen wir Fotos von der Zerstörung. Uns den Minen am Boden zu nähern, wäre zu gefährlich. Immer wieder greifen Garimpos Menschen an, die sich ihrem Treiben in den Weg stellen. Zusammen mit Satellitendaten schicken unsere Kolleg:innen aus dem brasilianischen Greenpeace-Büro die Fotos später an die Behörden – damit unterstützen wir den Kampf gegen den illegalen Goldabbau. Der Bergbau ist in indigenen Gebieten nämlich verboten. Die Regierung unter Präsident Lula da Silva schickt regelmäßig Patrouillen in die Territorien, um Minen dichtzumachen.
Doch Greenpeace-Recherchen zeigen, dass die Garimpo mit den Einsatzkräften Katz und Maus spielen: Wird eine Mine geschlossen, weichen sie auf andere Gebiete aus. Schließlich war der illegale Bergbau nie lukrativer – in den vergangenen drei Jahren hat sich der Goldpreis etwa verdoppelt.
Das geschürfte Gold gelangt häufig auf dubiosem Weg auf den Weltmarkt, wird mit anderem Gold vermischt und neu raffiniert, sein Ursprung verschleiert. Am Ende wird es vor allem in der Schmuck- und Uhrenindustrie, als Reserve der Zentralbanken sowie als Wertanlage verwendet.
„Den Goldabbau im Amazonasgebiet zu stoppen, ist eine internationale Verantwortung“, sagt Harald Gross, Amazonasexperte von Greenpeace. „Die Aufgabe von Brasiliens Regierung ist, die Rechte der Indigenen zu stärken und die Armut zu bekämpfen, die die Goldgräber in die Minen treibt. Gleichzeitig müssen sich internationale Regierungen, darunter auch die Bundesregierung und die EU, dafür einsetzen, dass Händler:innen und Raffinerien ihre Lieferketten offenlegen, um sicherzustellen, dass dieses Giftgold nicht mehr auf unsere Märkte gelangt.“


Auf dem Platz im Dorfzentrum flattert es plötzlich um uns herum, als sich hunderte gelbe Schmetterlinge in die Luft schwingen. Unter einem Dach haben sich die Dorfältesten versammelt – manche in traditioneller Kleidung, andere in T-Shirts und Shorts. Wir sind im Dorf Piaraçu im Westen des Amazonas-Gebiets. Hier leben die indigenen Kayapó in unberührtem Regenwald. Noch unberührt. Die Dorfältesten erzählen von Goldminen, die sich immer weiter in Gebieten der Indigenen ausbreiten. „Ihr sehnt euch nach Frieden in euren Städten; wir möchten denselben Frieden in unseren Dörfern“, sagt Kiabieti Metuktire Beko Metuktire, einer der Kayapó-Anführer.


Mehr als 17 Prozent des ursprünglichen Amazonas-Regenwalds wurden bis heute zerstört. Wissen-schaftler:innen gehen davon aus, dass der Regenwald einen Kipppunkt erreicht, wenn 20 bis 25 Prozent der Waldfläche verloren sind. Ab diesem Punkt gibt es nicht mehr genug Baumfläche, um den Wasserkreislauf des Waldes aufrechtzuerhalten. Böden und Pflanzen würden austrocknen. Gold ist nicht der größte Treiber der Regenwaldzerstörung, das ist immer noch die Fleischproduktion. Aber: Gold ist vielleicht der unnötigste Grund, um ein Ökosystem zu vernichten, von dem wir alle abhängen. „Der unkontrollierte Goldhunger vergiftet Menschen, Tiere und Pflanzen, zerstört den Regenwald und bedroht damit auch das globale Klima. Und wofür? Für Statussymbole und Goldbarren, die in Banktresoren verstauben“, sagt Amazonasexperte Gross.
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