Schutzgebiete Selbstgemacht

Nordsee

Seit Jahren verschleppt Deutschland den Schutz der Meere vor zerstörerischer Fischerei. Statt darauf zu warten, dass sich das ändert, packt Greenpeace schon mal an

Geisternetze – das klingt nicht nur gruselig, das ist es auch. Mit oder ohne Absicht über Bord gegangen, verheddern sich die Untoten am Meeresgrund und liegen dort jahrhundertelang. Geschätzte 25.000 Netze kommen allein in europäischen Gewässern jährlich hinzu und werden auch zur tödlichen Falle für Meerestiere. Mehr als eine Tonne verlorenes Fangzeug hat die Besatzung des Greenpeace-Schiffes „Arctic Sunrise“ Mitte Mai in wenigen Tagen am Sylter Außenriff aus der Nordsee geborgen. Das Gebiet westlich der Insel ist eines von zehn Natura-2000-Gebieten – doch sein Schutz besteht nur auf dem Papier.

Auf der Suche nach Geisternetzen am Sylter Außenriff.
Auf der Suche nach Geisternetzen am Sylter Außenriff.

„Moderne Netze sind aus Plastik. Es dauert ewig, bis sie sich zersetzen. Dann gelangen sie als Mikroplastik in die Nahrungskette und können so auch auf unseren Tellern landen.“

Thilo Maack
Unter Wasser finden sie die alten Fischernetze, in ihnen verheddern sich die Meeresbewohner. Die Taucher schneiden die Netze ab und versuchen sie zu bergen.
Unter Wasser finden sie die alten Fischernetze, in ihnen verheddern sich die Meeresbewohner. Die Taucher schneiden die Netze ab und versuchen sie zu bergen.
Mehr als eine Tonne verlorenes Fangzeug kann die Besatzung des Greenpeace-Schiffes „Arctic Sunrise“ in wenigen Tagen aus der Nordsee bergen.
Mehr als eine Tonne verlorenes Fangzeug kann die Besatzung des Greenpeace-Schiffes „Arctic Sunrise“ in wenigen Tagen aus der Nordsee bergen.

Meeresexperte Thilo Maack ist selbst hinabgetaucht, um den Fischereimüll zu bergen, und erklärt, warum dieser nicht nur für Fische gefährlich ist. In Zukunft müssten Fischernetze aus biologisch abbaubaren Materialien hergestellt werden. „Vor allem aber brauchen wir Meeresbereiche, in denen sich die Natur ungestört entwickeln kann – also Schutzgebiete, die diesen Namen verdienen.“

Weil Deutschland den Schutz der Meere seit Jahren verschleppt, hat die EU im vergangenen Jahr ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Nun muss die  Bundesregierung nachbessern. „Frühstens in einem Jahr könnte der Maßnahmenkatalog greifen“, so Maack.

Thilo Maack – Biologe und Meeresexperte bei Greenpeace
Thilo Maack – Biologe und Meeresexperte bei Greenpeace

Echte Schutzgebiete

Die Nordsee aber hat keine Zeit zu verlieren, ihr Zustand ist schlecht. Deswegen versenkten Greenpeace-Aktivisten bereits vor acht Jahren 320 Felsen und schützten damit Teile des Sylter Außenriffs vor der zerstörerischen Schleppnetzfischerei.

Mit tonnenschweren Natursteinen schützen Greenpeace-Aktivisten 2008 ein Gebiet in der Deutschen Bucht, das Sylter Außenriff.
Mit tonnenschweren Natursteinen schützen Greenpeace-Aktivisten 2008 ein Gebiet in der Deutschen Bucht, das Sylter Außenriff.

Inzwischen haben sich darauf bunte Lebensgemeinschaften aus Seeanemonen, Krebsen und Fischen angesiedelt, wie Thilo Maack beim Tauchen feststellte. „Diese 150 Quadratkilometer sind – dank der Felsen – die einzigen echten Schutzgebiete in der deutschen Nordsee!“

2008 – 2016

Die Steine wurden 2008 von Greenpeace-Aktivisten versenkt, um das Meeresschutzgebiet vor zerstörrerischer Fischerei und Sand- und Kiesabbau zu schützen.
Die Steine wurden 2008 von Greenpeace-Aktivisten versenkt, um das Meeresschutzgebiet vor zerstörrerischer Fischerei und Sand- und Kiesabbau zu schützen.
Wunderschöne Fauna unter Wasser, die Steine vor dem Sylter Außenriff sind nun bewachsen.
Wunderschöne Fauna unter Wasser, die Steine vor dem Sylter Außenriff sind nun bewachsen.