Es geht immer um alles

Klimaklage

Beim Dreschen auf Pellworm: Silke Backsen und ihr Mann spüren den Klimawandel hautnah. Aufgrund der Dürre fällt die Getreideernte in diesem Jahr mager aus

Wir werden zu den Ersten gehören, die absaufen“, sagt Silke Backsen. Sie lebt mit ihrer Familie auf einem ökologisch bewirtschafteten Bauernhof auf der Nordseeinsel Pellworm. Diese liegt, von Deichen vor Fluten geschützt, bis zu einem Meter unter dem mittleren Meeresspiegel. „Der extrem trockene Sommer, der ansteigende Meeresspiegel, der Klimawandel bedrohen uns existenziell.“ Die „taz“ und den „Kohleatlas“ auf dem Schoß sitzt die Biologin im Garten und freut sich an den Vögeln in den Obstbäumen. Diese Bullerbüoase könnte vielleicht schon in einigen Jahrzehnten vom Meer überspült sein. Das will sie verhindern – mit einer Vollzugsklage gegen die Bundesregierung. Zusammen mit Greenpeace und anderen Betroffenen klagen Silke und ihr Ehemann Jörg auf die Einhaltung des zugesicherten Klimaziels, bis 2020 die nationalen CO2-Emissionen um 40 Prozent zu verringern. Diese Zusage, das hat die Große Koalition inzwischen selbst eingeräumt, wird sie krachend verfehlen. „Es passiert einfach viel zu wenig, deshalb müssen wir anfangen, groß zu denken“, sagt die Mutter von vier Kindern und zieht nun gegen Merkel & Co. vor Gericht.

Noch fühlen sich die nordfriesischen Insulaner hinter den Deichen sicher, doch sie wissen, dass der Wasserspiegel kontinuierlich steigen wird
Noch fühlen sich die nordfriesischen Insulaner hinter den Deichen sicher, doch sie wissen, dass der Wasserspiegel kontinuierlich steigen wird

Im Kleinen hat die drahtige 49-Jährige schon einiges bewegt: Einen grünen Ortsverband hat sie ins Leben gerufen, örtliche Supermärkte von wiederverwendbaren Obstnetzen überzeugt, und im nächsten Jahr will die gebürtige Dortmunderin einen Unverpacktladen auf der Insel an den Start bringen. Ihre Familie bemüht sich, klimaverträglich zu leben. Auf den Dächern des Biohofes wird Sonnenstrom produziert. Alle fahren Rad. Plastik wird so gut es geht vermieden und der Konsum aufs Nötigste reduziert. „Wir könnten und müssten eigentlich noch viel mehr tun“, gesteht Silke. Die gelbe Tonne füllt sich trotz aller guten Absichten regelmäßig, und vor dem Haus steht noch immer der alte Diesel-VW-Bus. „Als ich kürzlich las, dass Onlinehändler Berge von zurückgeschickten, neuwertigen Waren vernichten, hab ich fast geheult“, sagt die Wahl-Nordfriesin. Fleisch wird bei den Backsens aber auch in Zukunft auf den Tisch kommen, denn: „Wir haben schon immer unsere Tiere gegessen.“ In jungen Jahren hat die quirlige Triathletin davon geträumt, mit Greenpeace auf Atomkraftwerke zu klettern und gegen die nukleare Gefahr zu protestieren. Daraus ist zwar nichts geworden, doch jetzt trägt die langjährige Greenpeace-Förderin mit ihrer Klimaklage einen wohl ebenso wichtigen Kampf aus. Sie sagt:

„Wir alle können nur wenig ausrichten, wenn die da oben nicht mitziehen. Also müssen wir sie zwingen.“

Am Abend kommt ihr Mann Jörg vom Dreschen des Korns zurück und setzt sich an den Küchentisch. Vor ihm an der Wand hängt ein Foto, das die Familie von einem befreundeten Polizisten geschenkt bekommen hat. Es zeigt neben eben jenem Beamten Bundeskanzlerin Angela Merkel. Die einstige „Klimakanzlerin“ ist nun ihre Gegnerin vor Gericht. Und hinter dem Biolandwirt prangt eine Holztafel. Darauf steht das Lebensgefühl der Familie, treffend zusammengefasst in einem Satz: „Es geht immer um alles“.

Viele Teiche und Bäche – wie hier vor der eingestürzten alten Kirche am Weststrand der Nordseeinsel – sind in diesem Hitzesommer ausgetrocknet
Viele Teiche und Bäche – wie hier vor der eingestürzten alten Kirche am Weststrand der Nordseeinsel – sind in diesem Hitzesommer ausgetrocknet

Gemeinsam für mehr Klimaschutz

Sind Sie wie Silke und Jörg Backsen von der Erderhitzung betroffen und möchten auch für den Schutz unseres Planeten und damit unser aller Lebensgrundlagen einstehen? Dann unterstützen Sie die Klimakläger*innen mit einer Petition und fordern von der Bundesregierung das Einhalten der 2020 Klimaziele.

Die Klimaklage richtet sich gegen die Bundesregierung und klagt unser aller Grundrecht ein, das durch eine mangelhafte Klimapolitik verletzt wird. In anderen Worten fordern wir rechtlich, dass die Bundesregierung ihre Zusage bis 2020 die nationalen CO2-Emissionen um 40 Prozent zu senken, einhalten muss.

Beigeladene*r werden

Sie  können Sie den Klimakläger*innen zusätzlich den Rücken stärken und der Klage weiteren Nachdruck verleihen: als Beigeladene*r zum Verfahren. Teilen Sie uns mit, auf welche Art und Weise die Folgen des Klimawandels wie Dürre, Stürme, Anstieg der Meere ihr Leben beeinträchtigen. Mit Ihrer persönlichen Betroffenheit können Sie die Klage unterstützen. Das Antragsformular steht hier zum Download oder kann per Post zugeschickt werden. Wer schlussendlich Beigeladene*r wird, entscheidet das Gericht. Dazu sortiert Greenpeace alle eingehenden Anträge, prüft diese und legt sie dem Gericht vor.

Je größer die Bewegung der Menschen wird, die ihr persönliches „Klimarecht“ einfordern, desto besser die Chancen. Danke für Ihre Unterstützung!

greenpeace.de/klimaklage