Eine Stimme der Vernunft, der Leistungsbereitschaft und der Tradition. Vertreterin der Millionen kleinen und mittleren Familienunternehmen. Diesen Eindruck gewinnt man leicht, wenn man von der Stiftung Familienunternehmen (SFU) hört. Und das ist kein Zufall: Auf ihrer Website schreibt die SFU: „Rund 90 Prozent aller privatwirtschaftlichen Unternehmen sind Familienunternehmen”. Man denkt da schnell an die Handwerksfirma oder die Bäckerei an der Ecke. Und ist es nicht zu begrüßen, dass eine Vertreterin solcher Unternehmen eng mit Medien und Politik vernetzt ist und Einfluss auf neue Regelungen und Gesetze nimmt? Der Meinung könnte man sein, würde die Stiftung wirklich die Interessen kleiner und mittlerer Familienunternehmen vertreten.
Doch nun lüftet eine Greenpeace-Recherche ein bislang streng gehütetes Geheimnis: Welche Unternehmen stecken hinter der Stiftung? Das Ergebnis der monatelangen, investigativen Greenpeace-Recherche: In Wahrheit handelt es sich um einen exklusiven Zusammenschluss von Superreichen und Großkonzernen aus besonders klimaschädlichen Branchen. Es gelang den Greenpeace-Rechercheur:innen, der Stiftung Familienunternehmen (oder ihrem Lobbyarm SFUP) eine Vielzahl von Personen und Unternehmen zuzuordnen – ein bislang weitgehend intransparentes Machtzentrum der deutschen Superreichen.

Greenpeace konnte dem Netzwerk mehr als 250 Unternehmen zuordnen. Viele sind international agierende Konzerne mit einem jährlichen Umsatz von je mehr als 50 Millionen Euro. Dazu zählen BMW, Bosch, Henkel, Wacker-Chemie, Theo Müller und die Schwarz-Gruppe (Lidl). Unternehmen dieser Größenordnung machen nicht einmal ein Prozent der Unternehmen in Deutschland aus. Die Stiftung Familienunternehmen bildet also mitnichten die Breite der deutschen Wirtschaft ab.
Hinter den identifizierten Unternehmen stehen mindestens 80 Familien mit einem Milliardenvermögen und 188 Familien mit einem geschätzten Vermögen von mindestens 100 Millionen Euro. Es sind die Interessen dieses exklusiven Zirkels, welche die Stiftung Familienunternehmen in Öffentlichkeit und Politik konsequent vertritt. So erstaunt es nicht, dass sie sich mit politischer Lobbyarbeit und öffentlichen Kampagnen dafür einsetzt, die Privilegien von Superreichen zu erhalten und auch noch auszubauen. Kernpunkte ihrer Arbeit sind die vehemente Abwehr einer Vermögensteuer und der Kampf gegen die Erbschaftsteuer. Letztere ist in Deutschland, auch dank der Arbeit der SFU, äußerst unternehmer- und reichenfreundlich. Doch damit nicht genug: Die Stiftung nennt die völlige Abschaffung der Erbschaftsteuer als eines ihrer Ziele. Auch die Wegzugsbesteuerung, das wichtigste Instrument gegen Steuerflucht, steht im Visier der SFU.
Ihre Erfolge verdankt die Stiftung Familienunternehmen vor allem ihren exzellenten Kontakten in die Spitzenpolitik: Mehrere ihrer Lobbyist:innen waren zuvor in Bundestagsbüros oder Ministerien tätig. Minister:innen aller Regierungsparteien folgen seit vielen Jahren immer wieder ihren Einladungen zu Konferenzen. Auch, dass die Stiftung vehement gegen wichtige Umwelt- und Klimaschutzgesetze Stimmung macht, leuchtet mit Blick auf die von Greenpeace recherchierte Liste ein: 80 Prozent der Unternehmen stammen aus besonders klimaschädlichen Branchen.
