Gruppenporträt

„Ein Schwieriges Pflaster“

Bis zum Kohleausstiegsbeschluss prägte die Braunkohle die Arbeit der Cottbuser Greenpeace-Ehrenamtlichen – nun nimmt die Gruppe Verkehrsthemen in den Fokus
Bild oben: In Cottbus für Greenpeace aktiv (v. l.): Jenny, Roald, Kerstin, Cecilia, Günther, Emily, Wolfgang, Helmut

Gefühlt leben fast alle Menschen in Cottbus von der Kohle, auf uns sind die meisten nicht gut zu sprechen“, sagt Wolfgang, Gruppen-koordinator von Greenpeace Cottbus. Er engagiert sich seit 28 Jahren in der Lausitz für die Umwelt und weiß: „Cottbus ist ein schwieriges Pflaster für den Umweltschutz.“ Angesichts der Klimakrise dürften inzwischen alle begriffen haben, dass es so nicht weitergehen kann, hofft er. Doch mit Blick auf die Wahlen im Herbst wird ihm bange: „Wenn die AfD tatsächlich gewinnt, müssen wir auswandern“, sagt Wolfgang halb im Spaß, halb im Ernst.

Obwohl das Braunkohlekraftwerk Jänschwalde nahe der Stadt noch immer läuft, ist der Strukturwandel längst im Gange. Die Potenziale für erneuerbare Energien sind in der Region enorm. „Wir wünschen uns mehr Wind- und Sonnenenergie“, sagt Wolfgang, „und zwar auf Hausdächern und an Balkonen, nicht auf der grünen Wiese.“ Roald grinst und bemerkt: „Unser Dach ist voll, wir versorgen uns ausschließlich mit eigenem Strom.“ Dagegen hinkt die Kohlekraftwerksbetreiberin LEAG der Energiewende weit hinterher: Proteste verhinderten die Nutzung des Kraftwerks als Müllverbrennungsanlage, nun soll dort ein Gaskraftwerk entstehen. „Die können nicht aufhören, irgendwas in die Luft zu blasen“, kommentiert Wolfgang.

Bis zum Kohleausstiegsbeschluss blieb für das Cottbuser Team keine Zeit für andere Themen. Nun nimmt sich die 15 Jahre alte Gruppe verstärkt der Verkehrspolitik an, denn die Stadt fühlt sich abgehängt. Die Bahnstrecke nach Görlitz müsse dringend elektrifiziert, die Straßenbahn ausgebaut und Verbindungsradwege für alltägliche Fahrten zur Schule oder zur Arbeit angelegt werden. Das fordert das 15-köpfige Team – darunter Kerstin, die die Kidical-Mass-Fahrraddemos in Cottbus mit ins Leben gerufen hat, die chilenische Kletterin Cecilia und die Studentin Sushma aus Indien. Sie alle nehmen an Aktivitäten vor Ort teil, beteiligen sich an Gruppenaktionstagen wie „Kein Getreide in den Tank“, informieren an Ständen und werben um interessierte Neulinge. Thema der Gespräche ist unter anderem der Ostsee, eine ehemalige Braunkohlegrube, die seit Jahren geflutet wird. In Seenähe soll ein neues Stadtviertel entstehen. „In Zeiten von Klimakrise und Wassermangel war es keine gute Idee, eine so große Fläche zu fluten“, sagt der Gruppenleiter. Anstelle von aufwändigen Neubauprojekten sollte der Schwerpunkt auf der Sanierung verkehrsgünstiger innerstädtischer Wohngebiete liegen. In Cottbus gibt es trotz des Kohleausstiegs umweltpolitisch noch viel zu tun.