Gruppenporträt

Greenpeace-Spirit am Neckarufer

In der alten Universitätsstadt Tübingen profitieren die Greenpeace-Ehrenamtlichen vom hohen Umweltbewusstsein der Menschen

Ein Teil der Tübinger Greenpeace-Gruppe im Sommerregen (v. l.): Muriel, Conny, Gerd und Kurt
Ein Teil der Tübinger Greenpeace-Gruppe im Sommerregen (v. l.): Muriel, Conny, Gerd und Kurt

In Tübingen ist vieles möglich, was anderswo undenkbar scheint: Straßensperrungen für den Autoverkehr mitten in der Innenstadt, der massive Ausbau von Fahrradwegen und sogar eine Verpackungssteuer. „Die ist unglaublich wirksam“, erzählt Conny von der Greenpeace-Gruppe Tübingen, „alle laufen jetzt mit Mehrwegboxen herum.“ Die Ehrenamtlichen in der grün regierten Studierendenstadt am Neckar profitieren vom hohen Umweltbewusstsein: „Zum Erstaunen anderer Greenpeace-Gruppen kommen Menschen von sich aus auf unseren Infostand zu, um Petitionen zu unterschreiben“, erzählt Muriel, die Jura studiert und eines Tages wie ihr Vorbild, die Rechtsanwältin Roda Verheyen, den Klimaschutz mit ihrer Juristerei vorantreiben will.

Die Gruppe existiert seit 1981. Uli hat extra nochmal im Archiv nachgeschaut. „Oh, wegen Corona haben wir unser 40-Jähriges verpasst“, fällt ihr dabei ein und sie verspricht: „Das holen wir nach!“ Uli ist seit mehr als 20 Jahren dabei – auch bei Aktionen im In- und Ausland. „Wenn es hektisch wird, beruhige ich die Gemüter und deeskaliere“, erzählt die 50-Jährige. Sie liebt die Atmosphäre, wenn Leute aus verschiedensten Ländern zusammentreffen, um gewaltfrei gegen Unrecht und Umweltsauereien anzugehen – „da spürt man den Greenpeace-Spirit!“ Ihre Erlebnisse wirken ansteckend: Caro, Julina und Conny liebäugeln damit, ebenfalls bei internationalen Greenpeace-Aktionen mitzumachen.

Zusammen mit der Jugendgruppe sind in Tübingen rund 20 Leute aktiv, zumeist Frauen. Sie beteiligen sich an verschiedenen Kampagnen, kennzeichnen beispielsweise Billigfleisch oder labeln Verbrennerautos. Am Parking Day stellten sie Sofas und Sonnenschirme in Parkbuchten, um Lust auf die Verkehrswende zu machen. Mit einem Pressetross stapften sie durch den nahegelegenen Schönbuch, um zu zeigen, dass selbst in geschützten Wäldern eingeschlagen wird. Und zweimal organisierten sie auf dem Holzmarkt Kleidertausch-partys. „Die waren extrem gut besucht“, erzählt Uli, „viele fragen auch schon, wann die nächste Party stattfindet.“

Bei ihren wöchentlichen Treffen schmieden die Tübinger Zukunftspläne. „Wir fänden es zum Beispiel ziemlich cool, wenn der gesamte öffentliche Nahverkehr kostenlos wäre“, sagt Conny. „Da könnte Tübingen eine Vorreiterrolle einnehmen.“ Samstags gibt es den Gratisbus in der Unistadt tatsächlich schon – seit Anfang 2018.