Recherche vor Ort

„Naturschatz vor der Haustür“

Im Frühsommer starteten Greenpeace-Aktive zu einer 40-tägigen Recherche durch die fünf Karpatenländer Rumänien, Ukraine, Ungarn, Slowakei und Polen. Die Rapid-Response-Projektleiterin Nina Noelle von Greenpeace Deutschland war bei der letzten Etappe dabei

Kühl, nass und unwegsam – die Recherchegruppe durchstreifte die Karpaten querfeldein
Kühl, nass und unwegsam – die Recherchegruppe durchstreifte die Karpaten querfeldein

Nina, was hat dich bei der Recherche begeistert?

Es ist ein erhebendes Gefühl, durch so alte, hochgewachsene und ursprüngliche Wälder zu laufen. Überall hörst und siehst du Tiere wie Salamander, Frösche, Biber. Wir sind täglich 15 Kilometer querfeldein durch diese wilden Wälder gestreift, durch eiskalte Gebirgsbäche gewatet, Felshänge hinaufgeklettert, haben viele Bärenhöhlen – und auch die seltene Echte Lungenflechte – entdeckt. Diese bedrohte Minipflanze hat mich richtig erstaunt, denn dort, wo sie vorkommt, darf ihr Lebensraum im Radius von 50 Metern nicht verändert, also kein Baum gefällt werden. Ein Winzling, der Riesen schützt.

Und was hat dich vor Ort schockiert?

Traurig gestimmt haben mich LKWs, die mit Stämmen beladen an uns vorbeifuhren, kahl geschlagene Hänge, und die vielen rot, grün oder andersfarbig markierten Bäume, die zum Tode verurteilt sind.

„Rettung der Karpaten“ fordert die Greenpeace-Recherchegruppe mit Nina Noelle (3. v. l.), die in den polnischen Karpaten unterwegs war
„Rettung der Karpaten“ fordert die Greenpeace-Recherchegruppe mit Nina Noelle (3. v. l.), die in den polnischen Karpaten unterwegs war

Was habt ihr konkret gemacht?

Wir haben Kahlschläge dokumentiert, mit Biologinnen und Waldexperten gesprochen, Informationsveranstaltungen angeboten – und immer wieder gegen die Abholzungen protestiert. Einmal haben wir auf einen Holzstapel das Konterfei eines polnischen Politikers gesprüht, der maßgeblich für die Waldzerstörung verantwortlich ist. Tatsächlich verdient der Staat über Lizenzen und Steuern mit, wenn die Sägen im Einsatz sind.

Warum ist es so wichtig, dieses große Waldgebiet zu schützen?

Wir befinden uns mitten in einer globalen Klimakrise. Um deren Folgen abzumildern, brauchen wir ganz dringend intakte Wälder. Wir zeigen mit dem Finger auf Amazonien, das Kongobecken oder Borneo, dabei sollten wir erstmal unsere eigenen Hausaufgaben machen und diesen besonderen Naturschatz erhalten. Mein polnischer Kollege Marek Józefiak hat die Vision, alle Schutzgebiete der Karpaten miteinander zu einem großen Lebensraum zu verbinden. Sein Ziel ist es, die Karpaten so berühmt zu machen wie die Alpen. Wir arbeiten dafür, dass das gelingt.