Globalisierung

Welthandel ja – aber gerecht und nachhaltig!

Globalisierung ist dann gut, wenn die Lebensqualität für alle steigt, höchste Umwelt- und Sozialstandards überall gelten. Ein Plädoyer von Sweelin Heuss

Im Mai 2016 sorgte Greenpeace mit der Veröffentlichung geheimer Dokumente zu TTIP nicht nur für großes Aufsehen und ein breites Echo in den Medien. Die Veröffentlichung #TTIPleaks war auch ein Akt der Demokratie in einem zutiefst undemokratischen Prozess: Die Papiere zum Freihandelsabkommen, die nur Abgeordnete in einem Leseraum unter Beobachtung studieren durften, zeigten, wie die geheimen Vertragsverhandlungen weitreichende Auswirkungen auf eine halbe Milliarde Europäer haben würden. Bereits erreichte Umwelt- und Verbraucherstandards könnten massiv ausgehöhlt werden, Investoren und Großkonzerne dagegen würden geschützt. Dass wir daher solche Abkommen wie TTIP, CETA oder den Handelsvertrag mit Japan für den falschen Weg halten, versteht sich von selbst.

Der Grundstein für die heutige Weltwirtschaftsordnung wurde 1947 gelegt. Mit der Gründung des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens, kurz GATT genannt, verständigten sich zunächst 23 Industrie- und Entwicklungsländer darauf, den Warenaustausch in großem Stil über Grenzen hinweg möglich zu machen.

Sweelin Heuss, Geschäftsführerin Öffentlichkeit und Fundraising
bei Greenpeace
Sweelin Heuss, Geschäftsführerin Öffentlichkeit und Fundraising bei Greenpeace

Eine Win-Win-Situation, so schien es.

In den 90er-Jahren nahm das System richtig an Fahrt auf: Der neuen Welthandelsorganisation (WTO) traten nach und nach fast alle Handelsnationen bei. Die Verheißung der Globalisierung bestand darin, dass sie nicht nur wirtschaftliche Vorteile versprach, sondern weltweit zu einer Erhöhung des Lebensstandards führen sollte. Zwar hoffte man, durch Verlegung von teuren Produktionen in Billiglohnländer in erster Linie Kosten zu sparen. Aber auch jene Menschen sollten davon profitieren, die bisher wenig bis nichts von einem wirtschaftlichen Aufschwung zu spüren bekommen hatten. Eine Win-Win-Situation, so schien es.

Wir fordern weltweite Regeln

Doch längst hat die Wirklichkeit den Traum vernichtet. Wir erleben die rücksichtslose Ausbeutung von Natur und Mensch – zum Vorteil multinationaler Konzerne. In Brasilien und Südostasien wird bis heute großflächig Regenwald vernichtet, um Soja- und Palmölplantagen anzulegen. Unter unmenschlichen Arbeitsbedingungen in asiatischen Textilproduktionen, aber auch auf Plantagen in Afrika leiden überwiegend Frauen und Kinder. Das ist nicht tragbar und es sind sogar nur einige Beispiele!

Bereits auf dem G20-Außenministertreffen im Februar in Bonn fordern Greenpeace-Aktivisten, Klimaschutz auf die Agenda zu bringen
Bereits auf dem G20-Außenministertreffen im Februar in Bonn fordern Greenpeace-Aktivisten, Klimaschutz auf die Agenda zu bringen

Es ist für Greenpeace inakzeptabel, dass Konzerninteressen über den Rechten von Arbeitnehmern und dem Umweltschutz stehen.

Wie sehr Freihandel als Freiheit mancher Weltkonzerne und Investoren interpretiert wird, ist also leider zu oft gelebte Geschichte. Es ist für Greenpeace inakzeptabel, dass Konzerninteressen über den Rechten von Arbeitnehmern und dem Umweltschutz stehen. Wir wollen stattdessen, dass Handelsabkommen die höchsten Schutznormen für Umwelt, Verbraucher und Arbeitnehmer garantieren. Wir fordern unveränderbare Regeln, die für alle gelten und die nicht verhandelbar sind. Jeder Investor, der sich an globalen Projekten beteiligt, muss Verantwortung übernehmen. Handels- und Investitionsabkommen müssen die natürlichen Ressourcen respektieren. Internationale Vereinbarungen wie das Pariser Klimaabkommen, das Übereinkommen über die biologische Vielfalt (CBD) und die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung (SDGs) sind auf ganzer Linie zu beachten. Wer Umweltsünden begeht, muss in vollem Umfang dafür haftbar gemacht werden können. Das Vorsorgeprinzip zum Schutz der öffentlichen Gesundheit und der Umwelt muss für alle Menschen gelten!

Fairer Handel braucht Transparenz. Und er braucht eine Kontrollinstanz, die unabhängig ist und ungehindert von finanziellen Interessen die wichtigsten Standards überprüfen kann. Alle Mandate, Entwürfe von Verhandlungstexten wie auch die Verhandlungsergebnisse der Abkommen sind von dieser Instanz auf Menschenrechte, Umwelt- und Sozialverträglichkeit zu prüfen. Auch die Zivilgesellschaft muss rechtzeitig auf sinnvolle Weise einbezogen werden. Warum sollen ausländische Investoren größere Rechte als inländische haben? Handels- und Investitionsabkommen müssen der Rechtsstaatlichkeit unterliegen – ohne Ausnahme!

Wir befürworten unbedingt ein globales Welthandelsabkommen unter dem Dach der UN mit verbindlichen, ökologischen, sozialen und demokratischen Standards. Das erscheint uns auf jeden Fall sinnvoller als eine unübersichtliche Vielzahl einzelner Abkommen wie beispielsweise TTIP, CETA, TISA und Co.

 

Die Weichen werden gestellt

2017 ist ein Jahr, in dem wichtige politische Weichen gestellt werden – beim G20-Gipfel für den Klimawandel in Hamburg, bei der Bundestagswahl.

Von den Politikern fordert die weltweite Greenpeace-Gemeinschaft also einen fairen und gerechten Welthandel, der echte Lösungen für den Klimawandel bietet, unsere Lebensgrundlagen erhält, die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich verringert und Frieden in der Welt schafft. Dafür kämpfen wir seit der Gründung von Greenpeace und werden es weiter tun. Helfen Sie uns dabei!