Die Deutschen lieben Tiere – vor allem auf dem Teller. Und knapp zwei Drittel des verzehrten Fleisches stammen von Schweinen. Die intelligenten Tiere fristen in der Regel ein elendes Dasein auf Betonspaltenböden in tristen Ställen, der Tod erscheint da fast wie eine Erlösung.
Viele Verbraucher werden nicht darüber aufgeklärt, welche Folgen die Produktion und der Verzehr von Schnitzel und Steak für Tier, Mensch und Umwelt haben. Die Lebensmittelhersteller lassen sie bewusst darüber im Dunkeln, wie Schweine, Masthühner, Puten oder Rinder gehalten wurden. Mit Werbebildern von Fachwerkhöfen auf saftigen Wiesen gaukeln sie ein trügerisches Idyll vor und kennzeichnen die Produkte unzureichend oder gar nicht.
Und: In der Intensivhaltung entstehen große Mengen Mist und Gülle, die Böden, Wasser und Luft verschmutzen. In vielen Regionen werden die Grenzwerte für Nitrat im Grundwasser überschritten: Ein Drittel aller Reservoire in Deutschland sind zu hoch belastet. Ammoniak verdreckt die Atemluft, Phosphat und Nitrat aus der Gülle gelangen in Fließgewässer und Seen – giftige Algenblüten können die Folge sein. Greenpeace hat im vergangenen Herbst Stichproben genommen und im Wasser hohe Nitratwerte gemessen. Das Umweltbundesamt bestätigt: Weniger als zehn Prozent der natürlichen Fluss- und Bachabschnitte sind noch in einem guten ökologischen Zustand.
Die Turbomast macht die Tiere krank, viel zu oft erhalten sie Antibiotika. Züchter fixieren Sauen noch immer in sogenannten Kastenständen, in denen sich die Tiere nicht drehen können, kupieren Ferkeln ihre Ringelschwänze und kastrieren sie ohne Betäubung.
Eine bessere Tierhaltung kostet Geld, doch anstatt diese zu fördern, stachelt der Lebensmitteleinzelhandel den Kampf ums billigste Stück Fleisch noch an und drückt in einem gnadenlosen Wettbewerb die Preise – auf Kosten von Tieren und Landwirten. Wer als konventioneller Bauer eine aufwendigere Tierhaltung hat oder nur kleine Bestände mästet, kann sich gegen die Konkurrenz nicht durchsetzen. Die Dumpingpreise zwingen kleinere Bauernhöfe zum Aufgeben, noch größere Agrarfabriken entstehen.
Ein konventioneller Mäster bekommt derzeit für Schweinefleisch pro Kilo Schlachtgewicht etwa 1,50 Euro. Das reicht nur knapp zum Überleben. Um artgerechter und umweltschonender – zum Beispiel nach Neuland-Kriterien mit dem höchsten konventionellen Standard – zu produzieren, müsste der Landwirt rund 50 Cent mehr bekommen. Ein Biobauer erhält dagegen etwas mehr als drei Euro. Die braucht er, um Futtermittel aus heimischer Herkunft und die bessere Haltung zu finanzieren. Im Laden ist der Preisunterschied allerdings noch größer, weil die gehandelten Mengen klein sind und oft nur Edelteile mit Biosiegel vermarktet werden.
Die Tierhaltung ist weltweit für rund 14,5 Prozent aller Treibhausgasemissionen verantwortlich. Grund sind auch die importierten Futtermittel, für deren Anbau in Südamerika artenreiche Urwaldgebiete zerstört werden. Die Haltung der Tiere und der Anbau von Futtermitteln beanspruchen rund 80 Prozent aller Weide- und Ackerflächen der Welt. Gleichzeitig haben 795 Millionen Menschen nicht genug zu essen.
Wie lässt sich diese Fleischkrise stoppen?
Bio ist ein guter Ansatz: Hier ist die Zahl der gehaltenen Tiere begrenzt, der Großteil des Futters muss vom Hof stammen. Doch Bio ist bisher eine Nische – Ziel muss es sein, die gesamte Landwirtschaft tier- und umweltgerecht zu reformieren. Deshalb legt Greenpeace das „Kursbuch Agrarwende 2050“ vor – eine Anleitung für den sukzessiven Umbau der industriellen Landwirtschaft in Deutschland. Darin fordern wir faire Preise für Erzeuger, keine Subventionen für Massentierhaltung, bessere Haltungsbedingungen sowie eine verpflichtende Kennzeichnung der Haltungsformen. Außerdem sollen Antibiotika- und Düngereinsatz reduziert, Futtermittelimporte verboten und die Viehbestände halbiert werden. Nur so lassen sich die Klima- und Artenschutzziele erreichen.
Eine ökologisierte Landwirtschaft kann jeden in Deutschland ernähren, so das Fazit des Reports. „Wenn wir uns von der zerstörerischen intensiven Landwirtschaft verabschieden, heißt das keineswegs, dass wir jeden Tag Kohlsuppe essen müssen“, erklärt Greenpeace-Landwirtschaftsexpertin Stephanie Töwe-Rimkeit. Die Weltbevölkerung ließe sich einfacher ernähren, wenn wir hier in den Industrieländern unseren Fleischkonsum reduzieren und verantwortungsvoller mit unserem Essen umgehen. Die Welt kann im Jahr 2050 ohne weiteres neun bis zehn Milliarden Menschen ernähren – aber nur, wenn wir weniger Fleisch und Wurst konsumieren.