Verkehr

Der Fakten-Check

Der Abgasbetrug ist ebenso ein Skandal wie die Untätigkeit von Verkehrsminister Dobrindt. Ein Faktencheck ein Jahr nach dem Bekanntwerden von „Dieselgate“

Die US-Umweltbehörde hat im September 2015 aufgedeckt, dass der Abgasausstoß von VW-Dieselfahrzeugen manipuliert wurde. Die Software wird jetzt korrigiert.

Sind die Autos danach sauber?

Nein, das sind Alibi-Reparaturen. Die manipulierte Software wird lediglich entfernt, das Update ändert rein gar nichts an den Abgasemissionen. Im Normalbetrieb werden die Grenzwerte für giftige Stickoxide noch immer um das Vielfache überschritten. Diese Autos pusten auch weiterhin viel zu viele Abgase in die Luft. Vor allem große Städte leiden unter der Luftverpestung durch Diesel- und auch Benzinfahrzeuge.

Wenn diese Autos gegen Gesetze verstoßen, dürften sie eigentlich gar nicht fahren?

Richtig, sie dürften nicht zugelassen und müssten eigentlich stillgelegt werden. Aber da traut sich kein Politiker dran. Auch die Steuer müsste erheblich höher ausfallen, fragt sich nur, wer das bezahlt – sicher nicht die Autofahrer. Denen waren die falschen Werte ja nicht bekannt.

Sind denn wenigstens die Neuwagen sauber?

Leider nicht. Alle Tests, die es bislang gibt, spiegeln nicht die reale Fahr­situation wider. Dabei wäre das technisch möglich. In den USA gibt es Dieselfahrzeuge, die strenge Höchstwerte einhalten. Die Bundesregierung muss dafür sorgen, dass auch in Deutschland die Grenzwerte auf der Straße eingehalten werden. Jede Fabrik muss einen Maximalausstoß einhalten, so müsste es auch bei Autos sein.

Seit wann wissen die Behörden über den Abgasbetrug Bescheid?

Die hätten schon vor Jahren Alarm schlagen müssen. Hinweise auf Manipulationen gab es zuhauf, doch obwohl es um Straftaten geht, blieben die Behörden untätig. Die Auto­lobby ist sehr mächtig, außerdem sind Autoindustrie und Politik eng miteinander verflochten. Greenpeace hat im Frühjahr ein Schwarzbuch veröffentlicht, das die skandalösen Personalwechsel zwischen Konzernen und Politik belegt.

Ist inzwischen die ganze Branche in den Abgasskandal verwickelt?

Es wird oft getrickst. Wenn nicht mit manipulierter Software, dann mit den sogenannten Thermofenstern: Abgasfilter werden zum Beispiel bei Außentemperaturen unter zehn Grad einfach abgeschaltet. Dieses Schlupfloch muss schleunigst geschlossen werden. Die Autoindustrie ist immer nur innovativ, wenn man sie zwingt. Das war so beim Rußpartikelfilter, und das wird auch jetzt beim Abgasskandal so sein.

Was müsste jetzt geschehen?

Wir brauchen dringend unabhängige Prüforganisationen, die Abgaswerte auf der Straße regelmäßig messen. Außerdem ist es höchste Zeit für die blaue Umweltplakette, mit der Dieselautos in besonders belasteten Regionen ausgesperrt werden können, und für Fahrverbote, wenn Grenzwerte überschritten werden. Allein in Deutschland verursachen Stickoxide rund 10.000 vorzeitige Todesfälle im Jahr. Zudem brauchen wir eine Abkehr vom Autowahn. Die Politik muss den öffentlichen Nahverkehr und die Fahrradmobilität fördern und dafür sorgen, dass unsere Städte spätestens ab 2030 emissionsfrei sein werden. Schmutzige Diesel und Benziner müssen bis dahin verschwunden sein. Norwegen macht es vor: Ab 2025 sollen dort keine weiteren Verbrennungsmotoren mehr zugelassen werden.