Peng. Das Smartphone liegt am Boden – mit zerbrochenem Display. Ein Fall für das Greenpeace-Repaircafé. Nach mehr als einer Stunde Schrauben und Fönen liegt das ganze Innenleben des Handys auf dem Tisch. „Unvorstellbar!“, schimpft Michael Dettbarn, Pressesprecher von Greenpeace: „Nur um den Bildschirm auszutauschen, muss man alles komplett ausbauen.“
Offensichtlich sind Reparaturen vom Hersteller nicht erwünscht. Die Nutzer sind fast gezwungen, sich ein Neues zu kaufen. Gegen die damit verbundene Ressourcenverschwendung geht Greenpeace seit Jahren an. Regelmäßig nimmt die Organisation die großen Elektronikhersteller unter die Lupe und prüft, wie umweltbelastend diese produzieren. Nach wie vor ist sowohl die Produktion als auch die Entsorgung der Geräte mit vielen sozialen und ökologischen Schäden verbunden: Die benötigten Rohstoffe werden oft unter menschenunwürdigen Bedingungen abgebaut – und bei der Entsorgung in Afrika und Asien gefährden giftige Substanzen die Menschen und die Umwelt.
Alle 2 – 3 Jahre legen sich die Deutschen im Schnitt ein neues Handy zu
Zum Beispiel in Agbogbloshie, Afrikas größtem Elektroschrottfriedhof in der ghanaischen Hauptstadt Accra. Überall lodern Feuer, dunkle Rauchschwaden steigen auf. Verbrannt werden vor allem Kabelummantelungen, um an begehrte Materialien wie Kupfer heranzukommen.
Die Deponie zählt zu den am stärksten verseuchten Orten der Welt. Auch Wohlstandsmüll aus Deutschland landet dort. Seit mehr als 20 Jahren untersagt die Basler Konvention, für die Greenpeace seinerzeit viele Jahre gekämpft und die auch Deutschland unterschrieben hat, den Export von toxischem Elektroschrott in Nicht-OECD-Länder. Damit der Müll trotzdem ins Land geschafft werden kann, wird er oft fälschlich als „Gebrauchtware“ deklariert.
Rund 1,5 MRD. Mobiltelefone werden weltweit pro Jahr verkauft
Inzwischen ist der globale Elektroschrott schon auf mehr als 65 Millionen Tonnen angewachsen. „Wir können es uns nicht leisten, jährlich mehr als eine Milliarde Smartphones und Tablets zu produzieren“, sagt Manfred Santen, Chemieexperte bei Greenpeace. Um den anschwellenden Berg einzudämmen, appelliert Santen an die Politik, nachhaltiges Design vorzuschreiben und die Rücknahme und Wiederverwendung von Altgeräten zur Pflicht zu machen. Die Industrie müsse mit erneuerbaren Energien und in geschlossenen Kreisläufen endlich faire, reparierfähige und schadstofffreie Handys herstellen. Und die Nutzer sollten ihre Smartphones und Tablets länger behalten und reparieren, statt sie wegzuwerfen. Viele Verbraucher sehen das ähnlich: Laut einer repräsentativen Umfrage im Auftrag von Greenpeace wünschen sich 69 Prozent der Deutschen weniger neue Modelle, und 61 Prozent erwarten, dass die Hersteller alte Mobiltelefone recyceln. Trotzdem werden nach wie vor zu viele funktionstüchtige Geräte ausgemustert. Laut Schätzungen des IT-Verbands Bitkom liegen hierzulande mehr als 100 Millionen Altgeräte als wertvolle Rohstoffe in irgendwelchen Schubladen.
„Wir können es uns nicht leisten, jährlich mehr als eine Milliarde Smartphones und Tablets zu produzieren.“
Über kurz oder lang werden sich Verbraucher aber den Marken zuwenden, die modulare und umweltverträgliche Handys produzieren, prognostiziert Santen. Dann werde die Nachfrage den Markt umkrempeln – und die Auswechslung kaputter Akkus oder Displays dürfte mit wenigen Handgriffen in ein paar Minuten erledigt sein. Wer nicht selbst mit Mini-Schraubenzieher oder Lötkolben hantieren mag, kann das kaputte Gerät in eine Handy‑Klinik bringen oder eine der bundesweit verbreiteten Reparatur-Initiativen um Rat fragen. Auch einige Greenpeace-Gruppen wollen künftig dauerhaft Repaircafés anbieten.