2014/2015
Im Jemen bricht der Bürgerkrieg zwischen den Huthi-Rebellen und der von Saudi-Arabien unterstützten Regierung aus. Nur acht Kilometer vor der Westküste liegt der schwimmende, mit einer Pipeline verbundene Ölspeicher FSO Safer, Baujahr 1976, mit 1,1 Millionen Barrel Rohöl an Bord. Eigentümer ist ein jemenitisches Öl- und Gasunternehmen. +++ Angesichts der kriegerischen Auseinandersetzungen muss die Crew den weltweit drittgrößten Tanker seinem Schicksal überlassen.
2020
Das Sicherheitssystem bricht zusammen, im Maschinenraum gibt es Lecks, die nur notdürftig geflickt werden. Die Gefahr, dass der schrottreife Einhüllentanker auseinanderbricht oder explodieren könnte, steigt. +++ Die Vereinten Nationen sprechen von einer tickenden Zeitbombe. Der Tanker hat mehr als viermal so viel Öl an Bord wie bei der Havarie der Exxon Valdez 1989 vor Alaska ausgelaufen war. +++ Im August 2020 schreibt Greenpeace einen Offenen Brief an UN-Generalsekretär António Guterres und betont erneut den dringlichen Handlungsbedarf – dieser Brief stößt neue Initiativen auf internationaler Ebene an.
2021
Greenpeace veröffentlicht eine Studie, in der Sofortmaßnahmen eingefordert werden, um eine Ölpest bisher unbekannten Ausmaßes abzuwenden. In vielen Ländern macht die Organisation den Fall publik, startet Petitionen, bestückt die sozialen Medien und erreicht so globale Aufmerksamkeit.
Januar 2022
Greenpeace modelliert die Auswirkungen einer historischen Katastrophe, die weite Gebiete im Nahen Osten betreffen würde: Küsten und Meeresbewohner wären betroffen, ebenso wie Entsalzungsanlagen, der Suezkanal und wichtige Häfen, über die humanitäre Hilfe ankommt. Eine Ölpest wäre ein ökologisches und ein humanitäres Desaster, sie würde die Trinkwasser- und Lebensmittelversorgung von Millionen Menschen gefährden, Existenzgrundlagen zerstören. act.gp/3RICr0f
Mai 2022
Die UN startet in der Not einen Crowdfunding-Aufruf und bittet zunächst die Mitgliedsländer, später dann die Öffentlichkeit und Privatleute um Geld für die Notoperation. Auch Deutschland sagt insgesamt zwölf Millionen Euro zu.
September 2022
Erst 75 der benötigten etwa 143 Millionen Dollar sind zusammengekommen – für präventive Maßnahmen gibt es keine Budgets. +++ Die Kriegsparteien einigen sich mit der UN, dass das Öl umgepumpt werden kann. +++ Ein Investigativreport von Greenpeace deckt auf, dass Ölkonzerne wie ExxonMobil, OMV und TotalEnergies die FSO Safer lange Jahre als Ölspeicher für ihre Geschäfte benutzt haben. Greenpeace fordert deshalb die Ölindustrie auf, die Kosten für die Rettungsaktion zu übernehmen. act.gp/3RHtEvu
Juni 2023
Ein Team von Technikerinnen und Technikern geht an Bord, um das Risiko des Einsatzes abzuschätzen.
24. Juli 2023
Die UN-Kampagne hat 121 Millionen Dollar gesammelt und steuert die fehlenden rund 20 Millionen aus einem Notfonds dazu. +++ Der riskante Einsatz beginnt.
11. August 2023
Die dreiwöchige Rettungsaktion ist geglückt. Kurz vor den Herbststürmen ist es gelungen, die gesamte Ölladung auf den Tanker Yemen zu pumpen. +++ Greenpeace feiert den erfolgreichen Einsatz als bedeutenden Meilenstein. Eine Ölpest, wie sie die Welt noch nicht gesehen hat, konnte gerade noch abgewendet werden.
Eine Ölpest, wie sie die Welt noch nicht gesehen hat, konnte gerade noch abgewendet werden
Für Greenpeace ist der Fall damit aber noch längst nicht erledigt. Die Umweltorganisation fordert: Die Ölindustrie muss für den Löwenanteil der Kosten aufkommen und ihre Verantwortung übernehmen – nicht die Steuerzahlenden. Bislang haben fossile Konzerne nur wenige Millionen freiwillig beigesteuert. Dabei haben Unternehmen wie Exxon oder Total die FSO Safer jahrelang für ihre Geschäfte genutzt. Hinzu kommt, dass sie – wie Greenpeace belegt – derzeit Rekordprofite einstreichen. +++ Zudem muss der Tanker Yemen außerhalb des Kriegsgebiets gebracht werden, erst dann ist die Lage sicher. +++ Nicht zuletzt muss die FSO Safer nach hohen EU-Standards abgewrackt und entsorgt werden. Greenpeace wird nicht zulassen, dass der Tanker auf einem der gefährlichen Schiffsfriedhöfe in Asien endet, verspricht Ghiwa Nakat, die Leiterin des Greenpeace-Büros Nahost und Nordafrika.