Kohle oder Leben

Energie

Es ist wie der Schlund der Hölle. Minenarbeiter in Indien fahren Tag für Tag in engen Schächten in die Tiefe. Unter menschenunwürdigen Bedingungen bauen sie dort unten Kohle ab. In anderen Ländern erfüllt die Arbeit die Kohlekumpel mit Stolz, immerhin sichert der fossile Rohstoff ein Einkommen und im Winter warme Füße. Bis heute sind Menschen in vielen Teilen der Welt auf den Energieträger Kohle angewiesen, obwohl er sie krank macht. Denn die Kohleverbrennung verpestet die Luft, heizt den Klimawandel an und blockiert den Aufbau einer sauberen Energieversorgung. Wir zeigen, wie Greenpeace in Ländern, die von der Kohle geprägt sind, für die Energiewende kämpft
80.000 Menschen arbeiten in den polnischen Kohle­minen und Tagebauen. Wie auf den Fotos aus Zabrze, Schlesien (2009), präsentieren sich die Kohlekumpel mit stolzer Brust. Das Nachbarland ist Kohlenation mit 30 installierten Gigawatt, bis 2020 sollen vier weitere hinzukommen. Entsprechend stark ist die Kohlelobby, und die Regierung subventioniert den fossilen Energieträger mit Milliardensummen.
80.000 Menschen arbeiten in den polnischen Kohle­minen und Tagebauen. Wie auf den Fotos aus Zabrze, Schlesien (2009), präsentieren sich die Kohlekumpel mit stolzer Brust. Das Nachbarland ist Kohlenation mit 30 installierten Gigawatt, bis 2020 sollen vier weitere hinzukommen. Entsprechend stark ist die Kohlelobby, und die Regierung subventioniert den fossilen Energieträger mit Milliardensummen.

Seit mehr als zehn Jahren stemmt sich Greenpeace Polen gegen die Kohlenutzung: Immer wieder kletterten Aktivisten auf Kohleschlote, solidarisierten sich mit Dörfern, die dem Braunkohletagebau weichen sollten. Außerdem deckte Greenpeace die personelle Verflechtung von Politik und Kohlewirtschaft auf, organisierte eine kilometerlange Menschenkette an der deutsch-polnischen Grenze mit, veröffentlichte Analysen, die zeigen, wie Polen die Energiewende schaffen kann und startete Petitionen gegen die dreckige Luft im Land – laut einem Report der Weltgesundheitsorganisation (WHO) von 2018 liegen 33 der 50 Städte mit der schlimmsten Luftverschmutzung Europas in Polen.

Greenpeace POLEN

Im Dezember steht die 24. Klimakonferenz in Kattowitz an – mitten in der Kohleregion Schlesien im Süden des Landes. Genau in dieser Region wollen Greenpeace-Aktivisten jetzt zusammen mit der Bevölkerung die Energiewende vorantreiben.    

China investiert so viel wie kein anderes Land in die Energiewende. Langfristig sollen vor allem erneuerbare Energieträger die Kohle ersetzen. Ein gigantisches Vorhaben, denn Ende 2017 lag die Kapazität der chinesischen Kohlekraftwerke bei 985 Gigawatt. Bis 2020 sollen mehr als 100 Gigawatt hinzukommen – obwohl der Energiebedarf rückläufig ist. Der Anteil der Wind- und Solarkraft am Energiemix liegt derzeit bei knapp sieben Prozent.
China investiert so viel wie kein anderes Land in die Energiewende. Langfristig sollen vor allem erneuerbare Energieträger die Kohle ersetzen. Ein gigantisches Vorhaben, denn Ende 2017 lag die Kapazität der chinesischen Kohlekraftwerke bei 985 Gigawatt. Bis 2020 sollen mehr als 100 Gigawatt hinzukommen – obwohl der Energiebedarf rückläufig ist. Der Anteil der Wind- und Solarkraft am Energiemix liegt derzeit bei knapp sieben Prozent.

Greenpeace CHINA

Greenpeace engagiert sich auch in China für eine Energiewende und den Ausstieg aus der Kohle. Die Aktivisten machen Überkapazitäten und den enormen Wasserverbrauch publik, außerdem decken sie die Zerstörung von Naturreservaten und vor allem tödliche Risiken für die Menschen auf. Parallel unterstützt das Büro den Aufbau erneuerbarer Energien in den Provinzen.

Die Bilder gingen um die Welt: Chinesische Städte, die im Smog versinken. Viele Menschen, die auf Kohle etwa zum Heizen angewiesen sind, protestierten gegen die dreckige Luft und zwangen die Regierung, Kohle­meiler abzuschalten. Greenpeace drängte die Regierung schon vor vielen Jahren, geheim gehaltene Messungen zu veröffentlichen. Zuletzt haben Aktivisten die Luftqualität in 366 chinesischen Metropolen untersucht. Das Ergebnis: Rund 80 Prozent der Städte verfehlten den nationalen Grenzwert.
Die Bilder gingen um die Welt: Chinesische Städte, die im Smog versinken. Viele Menschen, die auf Kohle etwa zum Heizen angewiesen sind, protestierten gegen die dreckige Luft und zwangen die Regierung, Kohle­meiler abzuschalten. Greenpeace drängte die Regierung schon vor vielen Jahren, geheim gehaltene Messungen zu veröffentlichen. Zuletzt haben Aktivisten die Luftqualität in 366 chinesischen Metropolen untersucht. Das Ergebnis: Rund 80 Prozent der Städte verfehlten den nationalen Grenzwert.

Die gute Nachricht vorweg: In Indien ist die Strom­erzeugung aus erneuerbaren Energien im vergangenen Jahr um 23,5 Prozent gestiegen. Denn Sonne- und Windkraft sind inzwischen billiger als dreckige Kohlekraftwerke. Die Solar-Revolution treibt Greenpeace schon seit Jahren voran. Ein Report aus dem Jahr 2013 zeigte zum Beispiel, dass die Hauptstadt Delhi einen großen Teil ihres Energiebedarfs durch Solaranlagen auf den Dächern der Stadt decken könnte.

Greenpeace INDIEN

Dürren, Hitzewellen und ein unzuverlässig werdender Monsun bedrohen die Zukunft des Milliardenlandes. Kreativ und unermüdlich setzen sich Greenpeace-Aktivisten in Indien deshalb gegen die Kohlenutzung ein: Sie protestieren vor Kohle­meilern und Ministerien, drehen Aufklärungsvideos, prangern die massive Luftverschmutzung und den enormen Wasserbrauch der Kohleindustrie an. Außerdem schützen sie gemeinsam mit indigenen Bewohnern artenreiche Wälder.

Mit bloßen Händen graben
viele Frauen und Kinder in den Tagebauregionen illegal
Kohle aus. Sie haben oft
keine andere Wahl als
unter katastrophalen
Bedingungen zu arbeiten,
um wenigstens ein paar
Rupien zu verdienen.
Mit bloßen Händen graben viele Frauen und Kinder in den Tagebauregionen illegal Kohle aus. Sie haben oft keine andere Wahl als unter katastrophalen Bedingungen zu arbeiten, um wenigstens ein paar Rupien zu verdienen.
Im ostindischen Jharia brennen seit mehr als hundert Jahren unterirdische Feuer. Die Brandherde sind Kohleflöze, die sich entzündet haben und nicht zu löschen sind. Diese Kohlefeuer stoßen jeden Tag riesige Mengen klimaschäd­liches Kohlendioxid aus.
Im ostindischen Jharia brennen seit mehr als hundert Jahren unterirdische Feuer. Die Brandherde sind Kohleflöze, die sich entzündet haben und nicht zu löschen sind. Diese Kohlefeuer stoßen jeden Tag riesige Mengen klimaschäd­liches Kohlendioxid aus.
Statt sie zu verbrennen, exportieren Länder wie Mosambik die Kohle, zum Beispiel nach China. Bisher ist einzig Südafrika abhängig von dem fossilen Brennstoff. Etwa 85 Prozent des Stroms stammen aus den 13 Kohlekraftwerken des Landes.
Statt sie zu verbrennen, exportieren Länder wie Mosambik die Kohle, zum Beispiel nach China. Bisher ist einzig Südafrika abhängig von dem fossilen Brennstoff. Etwa 85 Prozent des Stroms stammen aus den 13 Kohlekraftwerken des Landes.

Greenpeace
AFRIKA

Greenpeace Afrika engagiert sich in der „Break Free from Coal“-Koalition, einer Bewegung, die erreichen will, dass der Kontinent sich gar nicht erst in die Abhängigkeit von Kohle begibt, sondern gleich den Einstieg in die erneuerbaren Energien schafft.

Was im 19. Jahrhundert die Industrialisierung und im 20. Jahrhundert das Wirtschaftswunder ermöglichte, bedroht nun unsere Zukunft: Die Nutzung des fossilen Energieträgers Kohle. Denn die enormen CO2-Emissionen forcieren den Klimawandel, die Umweltgefahr des 21. Jahrhunderts. Überdies nehmen die Abgase aus den Kraftwerksschloten Millionen Menschen die Luft zum Atmen, während riesige Tagebaue Landschaften zerstören. Eine Übersicht der aktuellen Lage:

Landfresser

In den deutschen Braunkohlerevieren in der Lausitz, in Mitteldeutschland und im Rheinland klaffen riesige Tagebaue. Dörfer werden abgebaggert, Menschen verlieren ihre Heimat. Besonders rabiat fördern Kohlefirmen den Rohstoff in Teilen der USA: Um an die Vorräte zu gelangen, sprengen sie ganze Bergkuppen weg und füllen mit dem Abraum Täler auf.

hoffnungsschimmer

Noch immer werden 40 Prozent des globalen Strombedarfs durch Kohleverbrennung gedeckt. Doch der Zubau von neuen Kraftwerken verlangsamt sich. Laut eines Greenpeace-Reports aus den USA sind die Spatenstiche für Kohlekraftwerke in den letzten beiden Jahren um 73 Prozent zurückgegangen. Vor allem der weltgrößte Kohlenutzer China setzt seit ein paar Jahren verstärkt auf erneuerbare Energien. Etliche alte Kraftwerke wurden nach massiven Protesten gegen den Smog geschlossen. Doch gleichzeitig expandieren Investoren in bislang kohlefreie Länder wie Ägypten, Senegal oder Kenia. Denn der Kohleabbau ist günstig – in vielen Ländern wird er mit Milliarden Euro Steuergeldern subventioniert. Außerdem sind Folgeschäden der Kohlenutzung wie Dürren, Überschwemmungen, kontaminierte Gewässer, erhöhte Feinstaub- und Quecksilberwerte und andere Gesundheitsgefahren nicht einkalkuliert.

Dreckschleuder

Kohle verursacht Leid. In Indien bauen Arbeiter und Kinder den Brennstoff unter gefährlichen und menschenunwürdigen Bedingungen ab. Jedes Jahr gibt es Todesopfer, weil Sicherheitsbestimmungen und Arbeitsnormen nicht eingehalten werden. Außerdem entstehen bei der Verbrennung von Kohle giftige Dämpfe, die Arsen, Ruß und Schwefeldioxid enthalten. Vor allem in Ballungszentren herrscht oft dicke Luft. Durch Kohleförderung und -kraftwerke in der EU sterben jedes Jahr 23.000 Menschen vorzeitig an den Folgen der Luftverschmutzung.

Klimatreiber

Die Kohleverstromung verursacht einen Großteil der globalen Treibhausgase. Besonders klimaschädlich ist die Braunkohle, von der weltweit am meisten in Deutschland verbrannt wird. Wenn die internationale Gemeinschaft das Klimaziel erreichen will, müssen 80 Prozent der noch vorhandenen Kohlereserven im Boden bleiben. Ein schneller und sozialverträglicher Kohleausstieg kann die Erderwärmung effektiv bremsen. Mehrere Länder, darunter Kanada, Frankreich und Schweden, haben angekündigt, sich von dem fossilen Energieträger zu verabschieden, Belgien hat diesen Schritt bereits vollzogen. In Deutschland soll die sogenannte Kohlekommission bis Ende 2018 einen Ausstiegsfahrplan festlegen. Die Gegner eines raschen Stopps führen die 20.000 Arbeitsplätze, die an der Kohle hängen, als Argument an. Allerdings sind im Bereich der Erneuerbaren inzwischen 330.000 Menschen beschäftigt. Die überwiegende Mehrheit hat laut einer Greenpeace-Studie die Dringlichkeit erkannt: Rund 75 Prozent der Deutschen befürworten das Ende der Kohle und würden dafür leicht erhöhte Strompreise in Kauf nehmen.

Ausblick

Bei der Klimakonferenz im Dezember im polnischen Kattowitz muss die Trendwende eingeleitet werden. Dann steht auch der angebliche Energiewendevorreiter Deutschland auf dem Prüfstand. Greenpeace kämpft dafür, dass 2030 das letzte Kohlekraftwerk vom Netz geht. Denn die gute Botschaft lautet: Die Erneuer-baren haben ein riesiges Potenzial – es geht auch ohne Kohle.