MEILENSTEIN
1991

Sauberes Plagiat

Auf den ersten Blick fällt es kaum auf: Die Schrift ist gleich, die rote Farbe stimmt, das Layout ebenfalls. Als Greenpeace-Kampaigner am 1. März vor dem Verlagshaus des „Spiegel“ in Hamburg eine Ausgabe des Nachrichtenmagazins verteilen, wundern sich selbst Mitarbeiter der Zeitschrift einen Moment lang – bis sie die Fälschung bemerken. „Das Plagiat“ steht auf dem Titelblatt, „Umwelt­killer Druckpapier“. Greenpeace druckt die weltweit erste Zeitschrift auf chlorfrei gebleichtem Tiefdruckpapier. Die Verlage hatten bis dato bestritten, dass dies ohne Qualitätsverlust möglich sei, nun wissen sie es besser. Für Greenpeace ist es der Höhepunkt einer Kampagne, die Mitte der 80er-Jahre begann und darauf aufmerksam macht, dass bei der Papierproduktion mit Chlor­bleiche giftige und langlebige Chlorverbindungen entstehen, die Umwelt und Menschen schädigen. Zwar druckt der Spiegel noch im selben Jahr einen Teil seiner Ausgabe auf dem neuen Papier, doch leider setzt es sich nicht branchenweit durch: Ein Großteil der Druckpapiere wird bis heute mit Chlor gebleicht – allerdings setzt die Industrie dafür viel weniger dieses Problemstoffes ein. Auch in punkto Recyclingpapier könnten die Verlage mehr für die Umwelt tun: Noch immer fallen für Zeitschriften viel zu viele Bäume.