Der wahre Preis für Billigfleisch: unerlaubte, weil viel zu enge Kastenstände für Sauen, abgeschnittene Ringelschwänze, Ferkelkastrationen ohne Betäubung. Kleine Höfe verlieren ihre Existenzen, viele Treibhausgase werden freigesetzt, das Grundwasser mit Nitrat belastet und Antibiotikaresistenzen verbreitet – all das sind unschöne Folgen der tierquälerischen Intensivhaltung. Greenpeace setzt sich für eine echte Agrarwende hin zu einer zukunftsfähigen Landwirtschaft ein, die Tiere und Arten schützt und die Umwelt schont.
Handel
Laut einer Abfrage von Greenpeace beim Handel stammen im Schnitt 88 Prozent der Frischfleisch-Eigenmarken in Supermärkten aus qualvoller, häufig gesetzeswidriger Haltung. „Die Supermarktketten dürfen ihre Marktmacht nicht länger missbrauchen, um Preisdumping auf Kosten von Landwirten und Landwirtinnen, Tieren, Umwelt und Klima zu betreiben“, sagt Greenpeace-Landwirtschaftsexpertin Stephanie Töwe. „Edeka, Aldi und Co. müssen aufhören, Fleisch zu verramschen. Billigfleisch der „Haltungsform“ 1 und 2 müssen aus den Kühlregalen verschwinden.“ Bisher hat nur Lidl erklärt, auf Fleisch aus der schlechtesten Haltungsform für Schweine bis 2022 und für Rinder bis 2025 zu verzichten.
Kommunen
Auf einen Schlag ließe sich viel bewirken, wenn öffentliche Kantinen in Behörden oder Schulen ihr Angebot klimafreundlich gestalten und fleischreduzierte Biokost anbieten würden. Das hätte nicht nur Vorteile für die Gesundheit: So würde sich auch die Nachfrage nach öko-logischen Lebensmitteln erhöhen, und mehr Betriebe könnten auf Bioanbau umsteigen.
Politik
Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) muss ihren Job machen und sofort den per Gericht als tierschutzwidrig eingestuften Kastenstand für Sauen abschaffen. Außerdem darf sie notwendige Reformen nicht länger verschleppen: Sie muss eine verpflichtende Haltungskennzeichnung einführen und Subventionszahlungen an ökologischen Kriterien ausrichten. Um die Agrarwende voranzutreiben, befürwortet Greenpeace eine Tierwohlabgabe auf tierische Produkte. Mit den Einnahmen könnten gezielt bäuerliche Betriebe unterstützt werden, die die Haltungsbedingungen in ihren Ställen verbessern wollen. Dafür gibt es großen gesellschaftlichen Rückhalt: Laut einer repräsentativen Umfrage sind 85 Prozent der Bürgerinnen und Bürger bereit, eine zweckgebundene Abgabe auf Fleisch und Wurst zu zahlen. Eine Studie des „Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft“ im Auftrag von Greenpeace belegt: Mit einer Tierwohlabgabe von 50 Cent pro Kilogramm Fleisch würde der schnelle Ausstieg aus der quälerischen Intensivhaltung gelingen. Eine auf fünf Prozent abgesenkte Mehrwertsteuer auf frisches Obst und Gemüse könnte die finanzielle Belastung ausgleichen.
GEFAHR VOM ACKER
Colistin ist als Reserveantibiotikum eines der letzten Mittel gegen Infektionskrankheiten beim Menschen. Deshalb ist das Ergebnis der Analyse von 15 Gülleproben aus Schweineställen in fünf Bundesländern, die Greenpeace zugespielt wurden, besorgniserregend: In elf Proben wurden Keime nachgewiesen, die resistent gegen Colistin sind. Noch immer wird Colistin massenhaft in den Ställen verabreicht, mit der ausgebrachten Gülle können auch resistente Keime auf den Äckern landen. Das Testergebnis wirft ein Schlaglicht auf die Gefahren der Massentierhaltung: „Jede zusätzliche Antibiotikaresistenz in der Umwelt ist ein unverantwortliches Risiko”, sagt Greenpeace-Landwirtschaftsexperte Dirk Zimmermann. „Reserveantibiotika müssen aus der Tierhaltung verbannt werden.“
PROTEST UND DIALOG
Mit Treckerdemos protestieren Landwirtinnen und Landwirte seit Monaten gegen die Agrarpolitik der Bundesregierung, von Bauernverbänden fühlen sie sich im Stich gelassen. Greenpeace sucht den Dialog: Bei Demos in Hamburg, Berlin und anderswo waren Greenpeacerinnen und Greenpeacer vor Ort, um zuzuhören, zu diskutieren und zu lernen. Denn klar ist: Die Agrarwende kann nicht gegeneinander, sondern nur gemeinsam gelingen. Dass es neben unterschiedlichen Positionen viel Übereinstimmung gibt, wurde auch auf einem Treffen deutlich, zu dem Greenpeace im Februar nach Hamburg geladen hat: Gut 70 Interessierte, ein Drittel davon aus der Landwirtschaft, kamen zum Austausch in 14 Barcamp-Workshops: leidenschaftlich, kontrovers – aber immer konstruktiv.