Kompetenzen vermitteln statt Auswendiglernen:
Greenpeace befähigt junge Menschen zu zukunftsfähigem Handeln

Jedes Mal, wenn bunte Klimaproteste durch die Straßen ziehen, geht Dietmar Kress das Herz auf. Zum einen, weil seine Zielgruppe, Kinder und Jugendliche, lautstark konsequenten Klimaschutz einfordern. Und zum anderen, weil er und sein Team ein kleines bisschen zu diesem beeindruckenden Engagement beigetragen haben: Kress ist der Leiter der Bildungsabteilung von Greenpeace.

Bildungsarbeit. Was sich im ersten Moment trocken und langweilig anhören mag, begreifen er und sein sechsköpfiges Team als äußerst spannende Aufgabe: „Wenn wir wollen, dass die junge Generation eine zukunftsfähige Lebensweise annimmt, müssen wir ihnen auch die Möglichkeit geben, diese zu verstehen, auszuprobieren und einzuüben. Genau das tun wir.“ Der langjährige Greenpeacer legt einen Stapel Broschüren auf den Tisch.

Das Greenpeace-Bildungsteam vor der Hamburger Greenpeace-Zentrale (v.l.): Katarina Roncevic, Sabine Beck, Thomas Hohn, Stephanie Weigel, Markus Power, Konstantin Herzig und Dietmar Kress
Das Greenpeace-Bildungsteam vor der Hamburger Greenpeace-Zentrale (v.l.): Katarina Roncevic, Sabine Beck, Thomas Hohn, Stephanie Weigel, Markus Power, Konstantin Herzig und Dietmar Kress

Auf den Titelblättern zu sehen sind Wälder, Arktis, Plastik, Stürme, Fleisch – alles aktuelle Themen, die in den oft veralteten Schulbüchern eher nicht zu finden sind. Wer die Mappen aufschlägt, findet Grafiken, Illustrationen, Fotoalben sowie viele Fragen und Arbeitsaufgaben.

„Mit diesen Materialien setzen wir ein Gegengewicht zur massiven Einflussnahme von Wirtschaft und Unternehmen an Schulen. Und wir erleichtern es Lehrerinnen und Lehrern der Mittel- und Oberstufen, Umweltthemen in den Unterricht zu integrieren“, sagt Kress. „Denn je früher wir Nachhaltigkeit erlernen und junge Menschen zu zukunftsfähigem Denken und Handeln befähigen, desto eher können wir große Probleme, wie beispielsweise die Klima-krise, in den Griff bekommen.“

kreativer freiraum

Im Gegensatz zum oft üblichen, nur kurzfristig wirksamen Auswendiglernen will Greenpeace bei Jugendlichen Kompetenzen fördern und entwickeln, die zur aktiven und politischen Beteiligung führen. Was ist problematisch an Elterntaxis? Was richtet mein Konsum in der Umwelt an? Wie beeinflussen meine Entscheidungen Menschen nachfolgender Generationen oder in anderen Erdteilen? Mit solchen komplexen, aber lebensnahen Fragen können sich Kinder und Jugendliche in den Schulen auseinandersetzen.

Einer, der wie rund 70 weitere Freiwillige für Greenpeace in Schulen geht, ist Manuel Steigmann von der Greenpeace-Gruppe Erlangen. Die sogenannten Greenspeaker werden von Lehrern oder Schülern eingeladen und gestalten einen Workshop oder auch einen ganzen Projekttag.

„Wir tragen keine Ideologie in die Schulen, sondern wollen die jungen Menschen zum Nachdenken anregen, sie ermuntern, sich eine eigene Meinung zu bilden und in Rollenspielen auch zu vertreten“, sagt Steigmann. Meist machen die Schülerinnen und Schüler begeistert mit, erzählt der Greenspeaker, denn sie genießen den kreativen Freiraum ohne Leistungsbewertungen. Auf Wunsch hält er mit Klassen auch Kampagnenworkshops ab. Auf die Frage, was sie gern anders hätten, kommt oft der Klassiker: das schlechte Mensaessen.

Kinder-Aktionstag in Mönchengladbach: Einkaufen ohne Plastikverpackung

Greenpeace-Kinder informieren über die zunehmende Vermüllung der Meere mit Plastik

Ungemein nützlich

Auch mit der Bildungsarbeit erfüllt Greenpeace seinen Anspruch auf Gemeinnützigkeit. Denn gemeinnützig ist eine Organisation laut Gesetz, „wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern“ – unter anderem in den Bereichen Umweltschutz, Verbraucherberatung oder bürgerschaftlichen Engagement.

 

Der Greenpeace-Nachwuchs überrascht oft mit coolen Aktionen: Für konsequente Klimaschutzpolitik springen jugendliche Aktivisten auch mal ins kalte Wasser der Trave (oben), tanzen auf der Straße (wie im Juli beim Flashmob #climatemove in Kassel) und erleben, dass sie Veränderungen bewirken können

„Entscheidend ist, das Jammern zu überwinden und stattdessen Forderungen und Lösungsansätze zu erarbeiten, Verbündete zu suchen und Umsetzungsstrategien zu entwickeln“

sagt der Greenspeaker, „so lernen die Kinder und Jugend-lichen, dass es möglich ist, in ihrem Umfeld Veränderungen umzusetzen.“ Die Hamburger Gymnasiallehrerin Karin Felder bestätigt das: Infolge der Greenpeace-Bildungsarbeit an Schulen seien viele Aktionen und Teamprojekte zum Umweltschutz entstanden.

Klimaneutrale Schulen

Inzwischen erreicht Greenpeace über die Bildungsarbeit in Schulen rund eine Million Kinder und Jugendliche pro Jahr. Viele von ihnen wissen, dass uns die Klimakrise nicht mehr viel Zeit zum Handeln lässt, deshalb fordern sie nachdrücklich ein grundlegendes Umsteuern. Jede Schule könnte auch selbst aktiv werden. „Schools for Earth“ nennt sich die Herausforderung, die Greenpeace für die Generation 2030 parat hat: „Wir wollen Schülerinnen und Schüler anspornen, sich mit der Schule auf den Weg in die Klimaneutralität zu machen“, sagt der Greenpeace-Bildungsexperte und geht gleich noch einen Schritt weiter: Wenn Schulen das schaffen, klimaneutral zu sein, könnten die Akteure zum Beispiel an die Stadtverwaltung oder an Unternehmen herantreten und diese auffordern, dasselbe Engagement an den Tag zu legen.

Pioniere des Wandels

Zusätzlich zur Bildungsarbeit an Schulen will die Umweltorganisation in Zukunft auch Lehrerfortbildungen anbieten und die Digitalisierung voranbringen. „Schulen und Lehrkörper sind bisher nicht gut auf die digitalisierte Zukunft eingestellt, das muss sich ändern, denn darin liegen große Chancen“, sagt Dietmar Kress. Greenpeace gibt mit der App „Konsumspuren“ schon mal einen Vorgeschmack darauf, wie viel Spaß nachhaltiges Lernen machen kann. Das Web-Angebot kann für kleine Übungen im Unterricht, aber auch für eine ganze Projektwoche eingesetzt werden.

Digital Nachhaltigkeit lernen – mit der App „Konsumspuren“

Mehr dazu unter:

Schulen müssen Pioniere des nachhaltigen Wandels werden. Davon ist der Bildungsexperte überzeugt. Deshalb ist es ihm wichtig, nicht nur punktuelle Veränderungen anzustoßen, sondern die – einst von der UNESCO beschlossene – Bildung für nachhaltige Entwicklung fest im Lehrplan zu verankern. Schon vor Jahren hat Greenpeace aus diesem Grund das „Bündnis ZukunftsBildung“ ins Leben gerufen und arbeitet aktiv auf Bundes- und Länderebene in Gremien und Behörden mit. Tatsächlich wurde schon einiges erreicht. Um nur ein Beispiel zu nennen: An Hochschulen ist heute in fast jedem Studiengang ein Nachhaltigkeitsseminar vorgesehen, ganz egal, ob die Studierenden für Elektrotechnik, Jura oder Psychologie eingeschrieben sind.

GUT ZU WISSEN

Das interaktive Bildungsmaterial ist kostenfrei zugänglich und mit jedem Browser abrufbar. Das Angebot ist auf Bildungspläne und den Unterrichtsalltag der Klassen 7 bis 11 ausgerichtet. Die Module können variabel zusammengestellt werden. Sie regen zu vertiefenden Diskussionen und zur Meinungsbildung an, informieren über internationale Zusammenhänge und zeigen Wege, sich zu beteiligen und zu handeln.