Russland, endlose Weiten, wohin das Auge reicht. Mehr geht nicht, möchte man meinen. Doch: mehr geht! Eine einzige Gesetzes-änderung könnte den weltweiten Klimaschutz enorm voranbringen: In Russland verbietet eine alte Vorschrift aus Sowjetzeiten, dass auf brachliegendem Ackerland Wälder wachsen dürfen. Die Rede ist von mehr als 100 Millionen Hektar, eine Fläche dreimal so groß wie Deutschland. Bisher wird bestraft oder gar enteignet, wer Wälder auf ehemals landwirtschaftlich genutzter Fläche wachsen ließ. Deshalb vernichten viele Grundbesitzer Jahr für Jahr die Vegetation, indem sie verbotenerweise Feuer legen. Nicht selten geraten die Brände außer Kontrolle, weshalb in Russland regelmäßig weite Teile des Landes in Flammen stehen und Unmengen an CO2 freisetzen. Regelmäßig rücken deshalb seit vielen Jahren eigens als Feuerbekämpfer ausgebildete Greenpeace-Aktivistinnen und -Aktivisten und andere Freiwillige aus, um die klimaschädigenden Brandherde zu löschen.


Staatlich verordnete Waldvernichtung: Weil brachliegende Agrarflächen nicht bewaldet werden dürfen, brennen Grundbesitzer bislang jedes Jahr die Vegetation ab. Ein Grund, warum in Russland so viele Feuer wüten, denn oft geraten Gras- und Waldbrände außer Kontrolle

Greenpeace Russland im Einsatz: Seit vielen Jahren löschen Aktivistinnen und Aktivisten vor Ort Brände und bilden auch Freiwillige als „Fire Fighter“ aus
Jetzt wollen die russischen Kollegen die zerstörerischen Feuer im Keim ersticken – mit einer Gesetzesänderung. Dafür machten sie Druck mit einer Petition, die 52.000 Russen unterzeichnet hatten. Und nutzten jede Gelegenheit, um über das riesige Potenzial von Wäldern aufzuklären, die als Kohlenstoffspeicher dem Klima, aber ebenso dem Artenschutz zugutekommen. Nach jahrelanger Überzeugungsarbeit dürfen die Moskauer Umweltschützer nun einen ersten Erfolg feiern: Staatspräsident Wladimir Putin hat per Dekret die Wiederbewaldung von brachliegendem Agrarland ermöglicht. Damit eröffnet sich eine einzigartige Möglichkeit: Vor allem in den gemäßigten Zonen Russlands könnte mit einem Schlag zehnmal so viel Wald entstehen wie in ganz Deutschland.
Riesiges Potenzial für Wälder
„Dieser erste Schritt war der schwerste“, sagt der russische Waldkampaigner Alexej Jaroschenko, denn damit werde eine tief sitzende, alte sowjetische Tradition ausgehebelt, wonach kein Stück urbar gemachtes Land wieder aufgegeben werden dürfe. Jaroschenko ist sicher: „Dieses Umdenken wird nachhaltige Folgen haben.“
Jetzt gelte es, die Regierung dazu zu bringen, das Putin-Dekret in ein verbindliches Gesetzesvorhaben zu gießen und umzusetzen, sämtliche Gebiete zu kartieren und mit gutem Beispiel voranzugehen, etwa in der rund 100 Kilometer südwestlich der Hauptstadt gelegenen Kaluga-Region, wo der örtliche Nationalpark stark von Bodenerosionen betroffen ist. „Dort werden wir vielleicht schon im Sommer zusammen mit den mehr als 1000 Schulen, die sich inzwischen bei unserem Projekt ‚Kids for Forests‘ engagieren, eine große Baumpflanzaktion starten“, erzählt der russische Waldexperte.

Klimaschutz und Umweltbildung gehen Hand in Hand: Jedes Jahr organisiert Greenpeace Russland zusammen mit den „Kids for Forests“ aus dem ganzen Land großflächige Baumpflanzaktionen


Eichensetzlinge stehen schon bereit zum Einpflanzen.
Wiederbewaldung mit Laubwäldern: Greenpeace Russland setzt auf schnell wachsende Baumarten, gepflanzt werden aber auch Eichensetzlinge

Wälder bieten Lebensräume und schützen Böden. Wo keine Bäume stehen, tragen Wind und Regen fruchtbares Land ab, und es entstehen schluchtartige Risse

Beim Projekt „Kids for Forests“ beteiligen sich in Russland inzwischen mehr als 1000 Schulen
„Unsere Regierungschefs haben immer noch nicht erfasst, welche enormen Gefahren uns durch den Klimawandel drohen.“

Viele Jugendliche haben begriffen, wie wichtig Wälder für den Klimaschutz sind – erste Fridays For Future-Proteste gibt es auch in Moskau
Greenpeace feiert Durchbruch
Dass sich so viele junge Menschen für Klimaschutz und Wälder einsetzen, findet er zukunftsweisend: „Deshalb investieren wir auch viel in Umweltbildung“, sagt der russische Waldexperte und folgert: Die nachkommende Generation scheine begriffen zu haben, wie wichtig es sei, weniger CO2 zu emittieren beziehungsweise es mithilfe des Waldes aus der Atmosphäre zurückzuholen. Die Politiker dagegen hätten diese Lektion offenbar noch nicht gelernt. „Unsere Regierungschefs haben immer noch nicht erfasst, welche enormen Gefahren uns durch den Klimawandel drohen“, sagt Jaroschenko. Warum sich jetzt dennoch etwas ändert? Dafür gebe es andere Beweggründe: Putin gehe es nicht erstrangig um Klimaschutz, vielmehr darum, die vielen Feuer in den Griff zu bekommen, in der Forstwirtschaft Jobs zu schaffen und die Industrie mit dem nachwachsenden Rohstoff Holz zu versorgen. Wie dem auch sei, unterm Strich zählt das Ergebnis: Putin macht den Weg frei für die Legalisierung der Wiederbewaldung. Dieser Zwischenerfolg lässt Greenpeace Russland hoffen und – in so harten Zeiten, in denen viele Nichtregierungsorganisationen als feindliche Gruppierungen eingestuft werden – auch endlich mal wieder feiern.
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