DAS UNDENKBARE SCHAFFEN:
Für viele Umweltschutzthemen hat Greenpeace Zukunftsszenarien entwickelt. Wie eine gerechte, nachhaltige Welt aussehen kann, und wie wir sie zum Beispiel in den Bereichen Mobilität, Landwirtschaft, Wälder oder Energie erreichen können, lesen Sie unter: greenpeace.de/plaene-fuer-eine-bessere-zukunft
Viola Wohlgemuth will an die Wurzel des Übels ran – den übermäßigen Konsum. „Er befeuert die Erderhitzung, sprengt die planetaren Grenzen und führt schließlich zum Kollaps“, sagt die Konsum-expertin und gibt ein aktuelles Beispiel: Aufgrund des Lockdowns im letzten Winter blieben 500 Millionen Textilien in den Regalen liegen. Kurzerhand wurden sie von den Textilfirmen als verderbliche Ware deklariert und sollten vernichtet werden, weil das billiger ist als sie zu spenden. Wohlgemuth ist empört und verweist auf das Vernichtungsverbot neuwertiger Waren, das es seit Herbst 2020 gibt – erstmals wird damit Ressourcenschutz höher gewertet als das Eigentumsrecht. Um das beschlossene Vernichtungsverbot umzusetzen, fordert sie ein Transparenzgebot für den Handel – er müsste angeben, wie viel Waren übrig bleiben und was damit passiert. Außerdem hält sie eine Andienungspflicht für notwendig: Unverkaufte Waren muss der Handel kostenpflichtig abgeben, damit sie sinnvoll weiterverwendet werden können. „Erst wenn es etwas kostet, Überhänge zu produzieren, wird sich die Massenproduktion ändern“ – davon ist sie überzeugt.
Ein anderer wichtiger Baustein auf dem Weg zu fairer und sauberer Produktion ist das Lieferkettengesetz. Zwar hat die Große Koalition bislang nur ein „Lieferkettengesetzchen“, wie es Wohlgemuth spöttisch nennt, zustande gebracht. Sie hofft aber auf starken Rückenwind aus Brüssel. Von EU-Kommission und -Parlament gibt es Signale, dass ein EU-Gesetz deutlich schärfer sein könnte. So könnten nicht nur große, sondern alle Unternehmen verpflichtet werden, die Einhaltung der Menschenrechte und Umweltstandards bei all ihren Zulieferern zu kontrollieren. Auch erwägt die Kommission eine zivilrechtliche Haftung, so dass Umweltorganisationen oder Gewerkschaften Firmen im Falle von Verstößen verklagen können. „Der Entwurf für das deutsche Lieferkettengesetz ist hingegen eine Schande, da muss dringend nachgebessert werden“, so Wohlgemuth. Sie ist zuversichtlich, dass sich für Näherinnen in Bangladesch oder Kleinbauern und -bäuerinnen in Indien schon bald vieles zum Besseren wenden wird:
„Wenn wir es schaffen, ein wirksames Vernichtungsverbot und ein konsequentes Lieferkettengesetz durchzusetzen“, sagt sie, „können wir erreichen, was bisher undenkbar schien: faire Produktion, saubere Waren und umweltgerechten Konsum.“