Die ausgetrocknete Vegetation brennt wie Zunder, vor allem in den regenarmen Monaten August und September. Vor meinen Augen fuhren Leute mit Mopeds und Benzinkanistern aus den mit rotem Staub bedeckten Dörfern raus, um anzuzünden, was von den zuvor abgeholzten Wäldern noch übrig war. Ich hätte heulen können, als ich sah, wie ein Wald voller Leben zu einer verkohlten Einöde wird.
Die Menschen tun, was sie schon lange taten: Rinder züchten. Und die Tiere brauchen Weiden, da stört der Wald – also muss er weg. Bei einem der Flüge konnte ich sehen, wo noch intakte Wälder stehen, wo es brennt und wo die natürliche Artenvielfalt nahezu ausgelöscht ist. Einmal hab’ ich zwei rote Aras auf einem völlig kahlen Baum gesehen. Das ist ein echt deprimierender Anblick. Im Bundesstaat Rondônia gibt es mehr Rinder als Menschen. Dort ist ziemlich viel Wald schon zerstört.
Wir lassen uns aber nicht entmutigen, es lohnt sich, für jeden Quadratmeter des noch bestehenden Regenwaldes zu kämpfen. Genau deshalb war ich mit Greenpeace Brasilien vor Ort, um insbesondere der Presse zu zeigen, was hier passiert und so den Schutz des Amazonas zum Wahlkampfthema zu machen.
Die Mehrheit der brasilianischen Bevölkerung hält den Schutz des Waldes für sehr wichtig, deshalb hoffen wir sehr, dass der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro abgewählt wird. Das ist die größte Chance, dieses für Klima und Artenvielfalt so wichtige Ökosystem zu retten.
Bolsonaro hat während seiner Amtszeit – vor allem mit seiner aggressiven Rhetorik – die Zerstörung befeuert, wo er nur konnte. Von seinen Gesetzesvorhaben konnten wir zum Glück einige, wie etwa die Legalisierung von Landraub, bisher aufhalten. Außerdem haben wir die Zeit genutzt, um ein satellitengestütztes Überwachungssystem mitzuentwickeln, das Brände quasi in Echtzeit darstellt. Es kann helfen, Löschtrupps zu koordinieren und Brandstifter zu fassen.
Noch aber nehmen sich viele, was sie kriegen können. Diese illegale Kriminalität macht das Amazonasgebiet zu einem sehr gefährlichen Terrain für Menschen, die den Wald schützen wollen. Zuletzt wurden – kurz vor unserer Amazonasexpedition im Juni – der indigene Aktivist Bruno Pereira und der britische Journalist Dom Phillips brutal ermordet.
Auf unserer Tour galten deshalb höchste Vorsichtsmaßnahmen: Wir waren inkognito unterwegs, tauschten ständig die Autos, unsere Leute wussten immer, wo wir waren, und die Medienberichte wurden erst gesendet, als alle wieder aus den riskanten Gebieten raus waren.
Vor Ort versuchen unsere brasilianischen Greenpeace-Kolleginnen und -Kollegen, mit den Menschen andere Einkommensquellen voranzubringen – zum Beispiel die agrarökologische Landwirtschaft. Aber ein Umdenken bei Menschen anzustoßen, die traditionell Rinder züchten, ist nicht leicht.
Auch wir in Europa können mithelfen, den Amazonas-Urwald zu erhalten, zum Beispiel indem wir weniger Fleisch essen und keine Handelsverträge wie das klimaschädliche EU-Mercosur-Abkommen abschließen. Wir setzen uns zudem seit Jahren für ein EU-Gesetz ein, das Produkte in unseren Supermärkten verbieten soll, die mit Waldzerstörung in Verbindung stehen.
Momentan sind wir sehr optimistisch, denn das EU-Parlament hat eine starke Vorlage beschlossen. Nun müssen sich die zuständigen Minister:innen – Landwirtschaftsminister Cem Özdemir und Umweltministerin Steffi Lemke – dafür einsetzen, dass es nicht verwässert wird. Ein starkes Gesetz kann für Wälder einen großen Unterschied machen. Es würde auch die Rechte der indigenen Gemeinschaften stärken.
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Unterzeichnen Sie unsere Petition für ein starkes EU-Waldschutzgesetz: