Ihr habt’s vermasselt. Und was macht ihr?“ Mit diesen zwei Sätzen begann die Geschichte der Greenpeace-Gruppe in St. Peter-Ording. Nach einer der vielen Fridays-for-Future-Demos war Annemarie nach Hause gekommen und hatte ihren Vater Volker Sprenkmann mit diesem Vorwurf konfrontiert. Der leidenschaftliche Segler und pensionierte Arzt wollte sich keinesfalls vorwerfen lassen, nichts gegen die Klimakrise zu tun. Deshalb zog er los, um in der Touristenhochburg an der Nordsee (4000 Einwoh-nerinnen und Einwohner, rund 17.000 Gäste-betten) Mitstreiterinnen und Mitstreiter zu suchen. 2019 rief die kleine Gruppe „Greenpeace St. Peter-Ording“ ins Leben.
Zu den treibenden Kräften zählt auch Holger Nitzschke. Wie alle hier liebt der 61-Jährige mit den mächtigen Filzlocken das Meer. Umso mehr ärgern ihn weggeworfene Zigarettenkippen oder plattgetretenes Dünengras. Um zu vermeiden, dass solche Umweltschäden überhaupt entstehen, ersann der Nordfriese Strandspaziergänge. Dutzenden Menschen erzählt er während der dreistündigen Tour, warum Dünen nicht betreten werden dürfen, was Plastikmüll anrichtet und dass sich immer wieder Tiere in Geisternetzen verheddern.
Oft zeigt Holger Fotos – von Robben-babys, die sich nicht mehr allein befreien können, oder auch Motive aus seiner Kindheit. „Es gibt Aufnahmen, da stehen die Strandkörbe noch weit vor den bekannten Pfahlbauten, heute ist dort Meer. Jedes Jahr verliert St. Peter-Ording acht Meter Strand an die Nordsee“, erklärt Holger und schaut in verdutzte Gesichter. Den Applaus nimmt er gern mit, aber noch lieber ist es ihm, wenn die Leute danach selbst aktiv werden. Deshalb weist er zum Abschluss immer auf Greenwire hin, die Greenpeace-Plattform, die zu Mitmachaktionen einlädt.
Annemarie braucht keine Anleitung dafür, wie sie sich einsetzen kann: Das Mädchen greift nach der Kekspackung, die auf dem Tisch liegt, scannt den Barcode ein und schickt ihn per App an den Hersteller – mit der Botschaft: Keine Plastikverpackung! Seit drei Jahren lebt sie vegetarisch: „Massentierhaltung kann ich kaum aushalten“, sagt die inzwischen 13-Jährige, die zusammen mit anderen Kindern den Greenpeace-Nachwuchs aufbaut. Obwohl oder gerade weil sie manchmal als „Öko-Tussi“ angemacht wird, möchte sie sich als Greenspeakerin ausbilden lassen und den Umweltschutzgedanken in die Schulen tragen. „Ich will Menschen darauf aufmerksam machen, welche Folgen ihr Handeln hat.“