An einem verregneten Dezembermorgen macht sich eine 7. Klasse einer Hamburger Stadtteilschule auf den Weg in die Hafencity. Im Atrium der Greenpeace-Zentrale sind noch nicht alle angekommen, da ruft ein Junge aufgeregt: „Ist das etwa Rosalinde?“ Dagmar Wobser grinst. Sie weiß, dass viele Kinder auf das von einem Künstlerpaar gefertigte rosa Schwein abfahren, denn Rosalinde ist ein Tiktok-Star. Auf ihre Frage, wer bei Insta oder Tiktok ist, schnellen viele Hände nach oben. Der perfekte Einstieg ins Thema Landwirtschaft. In einfachen Worten erklärt die Greenpeace-Mitarbeiterin, was Fleischkonsum mit der Zerstörung des Amazonasregenwaldes zu tun hat und teilt bunte Aufgabenzettel aus: blau für die Meere, grün für Wald, orange für Energie und pink für Landwirtschaft. Los geht’s.
Rosalinde zieht die Kinder an wie ein Magnet. „Finde heraus, wie viel Platz ein Schwein in der Massentierhaltung hat“, steht auf dem pinken Aufgabenbogen. Einer greift sich den Zollstock und misst den Spaltenboden aus, auf dem Rosalinde montiert ist. „Dass Schweine so eng stehen, dass sie sich kaum drehen können, finden die Kinder krass“, erzählt Dagmar, die regelmäßig Schulgruppen – von der Grundschule bis zur Oberstufe – durch die Ausstellung begleitet. „Darf ich auf das Fahrrad rauf?“, fragt ein Junge aus der Energiegruppe. „Na klar“, antwortet die Ausstellungsreferentin und beobachtet, wie sich mehrere Kids auf den Frontgepäckträger zwängen. Vor sich sehen sie auf einem großen Screen ein Verkehrswimmelbild. Jedes Mal, wenn sie einen der gesuchten Ausschnitte im großen Motiv finden und berühren, verändert sich das Stadtbild. Stück für Stück wandelt sich die dreckige, autodominierte Metropole in eine grüne, lebenswerte Stadt. Die Kids sind begeistert.
„Bei uns in der Ausstellung darf man alles ausprobieren und anfassen“, sagt Dagmar. Genau darum geht es Greenpeace mit diesem inhaltlich und didaktisch auf die Lehrpläne abgestimmten Angebot: Schülerinnen und Schüler sollen selbst herausfinden, welches Verhalten Probleme verursacht. Vor allem will die Ausstellung zu Lösungen inspirieren und zeigen, was Politik und Wirtschaft sowie jede und jeder Einzelne tun kann, um die Umwelt zu schützen. So erforschen Grundschulkinder bei einer Rallye durch die Ausstellung den Zusammenhang von Meeresverschmutzung und unserem Plastikverbrauch. Mit einem Zero-Waste-Memoryspiel finden sie selbst heraus, welcher Verpackungsmüll vermeidbar ist. „Das macht den Kids großen Spaß – und uns auch“, sagt die Mitarbeiterin.
„Bei uns in der Ausstellung darf man alles ausprobieren und anfassen.“
Einige Mädchen steigen ins Schlauchboot, setzen sich auf den Rand und wippen. Dem besorgt dreinblickenden Lehrer bedeutet Dagmar, dass sie das dürfen. Alle im Ausstellungsteam freuen sich, wenn die Kinder neugierig alles erkunden, Videos anschauen, Interviews hören, Energieräuber finden, Waldtiere erraten oder in einem Einkaufskorb Produkte auf Nachhaltigkeit scannen. Noch mehr freuen sie sich, wenn die Kinder selbst Ideen äußern, was sie verändern oder besser machen möchten. Und natürlich auch über Lob, von den Kindern und den Lehrenden. Viele sind begeistert, das Gästebuch beweist es. Auf vielen Seiten steht da: „Wir kommen wieder!“
Beliebt und lehrreich
Die interaktive und inklusive Ausstellung im Atrium der Hamburger Greenpeace-Zentrale öffnete erstmals 2013 ihre Türen und ist einzigartig in der Greenpeace-Welt. Rund 90.000 Menschen haben sie bereits besucht. Vor allem kommen Schulklassen aller Art, aber auch Touristen und Touristinnen, internationale Gäste, Vereine, Auszubildende, Studierende oder Volkshochschulgruppen und Kitas. Neben Vorträgen, Workshops und Ralleys gibt es auch Führungen auf Englisch und in Leichter Sprache. Die Ausstellung wird ständig aktualisiert und weiterentwickelt. Sie hat sich als außerschulischer Lernort etabliert. Im Sommer und Herbst ist die kostenlose Ausstellung auch an vielen Sonntagen geöffnet. Ein generationsübergreifendes Team aus ehren- und hauptamtlichen Mitarbeitenden betreut Besuchende und angemeldete Gruppen.