Für illegale Holzfäller und Goldsucher kommt die Coronapandemie wie gerufen. Während die Welt gebannt auf Infektions- und Todeszahlen starrt und sich die indigene Bevölkerung tiefer in den Dschungel zurückzieht, dringen sie immer weiter in den Amazonasregenwald vor. Schon für die ersten Monate im Jahr 2020 vermelden brasilianische Behörden traurige Abholzungsrekorde. Und auch in diesem Jahr brennen wieder riesige Regenwaldgebiete. „Wir bringen den Amazonas an den Rand des Kollapses“, warnt Greenpeace-Waldexpertin Gesche Jürgens.
Das Freihandelsabkommen EU-Mercosur (gemeinsamer Markt des Südens), über das die EU mit den südamerikanischen Ländern Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay 20 Jahre lang verhandelt hat, verschärft die Lage noch. Es wirkt wie ein Brandbeschleuniger für die Umweltzerstörung, und zwar aus drei Gründen:
Das Abkommen zerstört den Regenwald und schadet dem Klima
Der EU-Mercosur-Vertrag befeuert den Handel und verursacht deshalb höhere klimaschädliche Emissionen. Denn zum Beispiel werden für Autoexporte Zölle gesenkt, um neue Absatzmärkte in Südamerika zu schaffen. Im Gegenzug gelangen mehr Agrarprodukte wie etwa Fleisch nach Europa, die gar nicht gebraucht werden – die deutsche Landwirtschaft produziert so viel Fleisch, dass sie selbst exportieren muss. Um Platz für Weide- und Ackerland zu gewinnen, werden in Südamerika schon jetzt gigantische Waldflächen gerodet. Mit dem Wald schwindet nicht nur die Artenvielfalt (siehe Seite 8), sondern auch ein für den Klimaschutz wichtiger CO2-Speicher.
Das Abkommen missachtet Menschenrechte
Die brasilianische Regierung unter Präsident Jair Bolsonaro tritt Menschenrechte mit Füßen, sie hetzt gegen Oppositionelle und Umweltschützer und -schützerinnen, will Landraub legalisieren und amnestiert Umweltverbrecher, die den Lebensraum von indigenen Gemeinschaften zerstören. Im gesamten Handelsabkommen ist von bindenden Vereinbarungen für den Schutz indigener Völker nirgendwo die Rede. Die EU darf keine Geschäfte mit menschenfeindlichen und kriminellen Regierungen machen!
Das Abkommen zementiert die klimaschädliche Wirtschaft
Von EU-Mercosur profitiert nicht nur die Autoindustrie als einer der größten Treiber der Klimakrise, sondern vor allem auch die industrielle Landwirtschaft, die auf Monokulturen, Gentechnik und Unmengen von Pestiziden setzt. Deutsche Großkonzerne wie Bayer verkaufen in Brasilien sogar Agrargifte, die in der EU längst verboten sind. Gegen solche Agrarkonzerne haben Kleinbäuerinnen und Kleinbauern keine Chance, genauso wenig wie die dringend notwendige Agrarwende.
Der Widerstand wächst
Das Abkommen ist höchst umstritten, dennoch will die Bundesregierung die Ratifizierung vorantreiben. Die Gelegenheit ist günstig, denn Deutschland hat die EU-Ratspräsidentschaft inne. Doch aus anderen EU-Ländern mehrt sich Kritik: Österreich fordert Nachbesserungen, Frankreich will, dass Umweltfragen mehr Gewicht bekommen. Für Greenpeace steht fest: Das Abkommen steht für eine EU-Handelspolitik des letzten Jahrhunderts – und diese braucht eine grundlegende Reform.
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WIE GREENPEACE HILFT
Immer wieder stellen sich in Brasilien Greenpeace-Aktivistinnen und -Aktivisten Holzfällern in den Weg und protestieren gegen die Waldzerstörung. Zudem deckt Greenpeace regelmäßig illegale Rodungen auf, belegt mit wissenschaftlichen Studien Umweltverbrechen und entwickelt mit indigenen Gemeinschaften Strategien zum Schutz der Wälder. Zuletzt startete das brasilianische Greenpeace-Büro zusammen mit anderen Organisationen wie „Ärzte ohne Grenzen“ die Hilfsaktion „Wings of Emergency“ (Foto): Per Flugzeug brachten die Umweltschützer medizinisches Personal und dringend benötigte Schutzausrüstung zu indigenen Völkern, die tief im Dschungel leben und besonders anfällig für Krankheitserreger sind. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gehen davon aus, dass Covid-19 ganze indigene Gemeinschaften auslöschen könnte.
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