Profite aus Zerstörung
Lügen ziehen sich durch die Geschichte der fossilen Industrie: Schon seit den 1970er-Jahren weiß die Ölbranche, dass fossile Energieträger zu verbrennen die Erdatmosphäre erhitzt. Schon lange versprechen die Konzerne, sich mehr auf Wind- und Solarenergie zu verlegen, tatsächlich aber investieren sie weiter Milliarden in Öl- und Gasbohrungen. Im vergangenen Jahr belegte die Greenpeace-Studie „The Dirty Dozen“, dass die jüngsten Rekord-gewinne von zwölf europäischen Ölkonzernen überwiegend in fossile Projekte fließen: Fast 93 Prozent ihrer Investitionen finanzieren aktuelle und zukünftige fossile Projekte. Die Studie: „Fossil Fuel Crime File“ (Verbrechensakte der fossilen Industrie) des niederländischen Greenpeace-Büros zeigt 26 Beispiele für nachgewiesene kriminelle Handlungen und Vergehen europäischer Energiekonzerne, von Bestechung über Menschenrechtsverletzungen bis hin zu Totschlag. Trotzdem sichern sich die Multis bisher ihre Machtposition – unterstützt durch Greenwashing und Lobbyismus. Jüngstes Beispiel: Mithilfe massiver Einflussnahme schaffte es die Branche, dass die EU-Kommission Gas – neben Atomkraft – in der sogenannten -„Taxonomie“ als nachhaltig eingestuft hat. So bekommen Investitionen in neue Gas- und Atomanlagen finanzielle Vorteile. Greenpeace klagt dagegen.
Um die fossilen Geschäftsmodelle auch in Zukunft zu sichern, setzen die Konzernbosse auf Plastik. Von dem aus Rohöl bestehenden Stoff soll es künftig noch viel mehr geben: Laut OECD wird sich ohne radikale Gegenmaßnahmen die Menge der weltweit produzierten Kunststoffabfälle bis 2060 fast verdreifachen. Gerechtfertigt wird diese Strategie mit dem Zauberwort Recycling. Allerdings werden weltweit nur neun Prozent der gesamten Plastikproduktion wiederverwertet – in Deutschland sind es gerade mal 2,8 Prozent. Alles andere landet in der Umwelt, auf Deponien oder wird größenteils verbrannt.
Toxischer Einfluss fossiler Konzerne
Big Oil & Gas nehmen weltweit großen Einfluss auf die Politik. Aktuelles Beispiel: Das autokratische Regime in Aserbaidschan soll im Europarat Parlamentarier:innen mit Millionen bestochen haben, damit sie „im Interesse des Landes“ handeln – 90 Prozent der Exporte sind Öl, Gas und Ölprodukte. Auch gegen ehemalige deutsche Bundestagsabgeordnete wird in diesem Zusammenhang ermittelt. In Aserbaidschan werden die politische Opposition und die Pressefreiheit brutal unterdrückt – im November soll trotzdem in der Hauptstadt Baku die nächste Weltklimakonferenz stattfinden.Auch legale Aktivitäten von Big Oil & Gas haben großen Einfluss: Allein in Deutschland haben Gasunternehmen 2021 mindestens 40 Millionen Euro für Lobbyaktivitäten ausgegeben – zur dauerhaften Sicherung ihrer Profite.
Stoppt das Bohren!
In vielen Teilen der Welt verschmutzt und vergiftet die Öl- und Gasindustrie Meere, Flüsse, Wälder – durch Havarien und Tankerunfälle, aber auch allein durch den Normalbetrieb. Unser Titelbild zeigt zum Beispiel Greenpeace-Probenahmen von verschmutzten und gesetzeswidrig gelagerten Abwässern aus Frackinganlagen in Argentinien, die das Trinkwasser gefährden.
Und keine andere Branche befeuert die Klimakrise so heftig wie die Öl- und Gasindustrie. 2023 war das heißeste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen, Gletscher schmelzen, der Meerwasserspiegel steigt, immer häufiger kommt es zu Extremereignissen wie Dürren, Hitzewellen, Stürmen und Überflutungen. Während die Konzerne die Klimakrise weiter anheizen, scheffeln sie auch noch Rekordgewinne. Die fünf größten Öl- und Gaskonzerne der Welt verbuchten im Jahr 2023 insgesamt fast 212 Milliarden Euro, befeuert auch durch die steigenden Rohstoffpreise infolge des Ukrainekriegs. Dieses Geld würde dringend für Klimaschutzmaßnahmen und den Ausbau der Erneuer-baren benötigt, doch die Konzerne finanzieren damit die fossile Expansion. „Neue Öl- und Gasförderungen verstoßen gegen das Klimaurteil des Bundesverfassungs-gerichtes und dürften deshalb grundsätzlich nicht mehr genehmigt werden“, sagt Roda Verheyen, Anwältin für Umweltrecht. Denn ob Ausbau von Öl- und Gasfeldern, Pipelines, Flüssiggasanlagen oder auch die äußerst umstrittene Verpressung von CO2 unter dem Meeresboden: All diese Maßnahmen zementieren das fossile Zeitalter für weitere Jahrzehnte. Das gilt es zu verhindern.
„Stop drilling, start paying!“ (Hört auf zu bohren und fangt an zu zahlen) – war bei Greenpeace-Protestaktionen auf vielen Bannern zu lesen. Etwa Anfang 2023: 13 Tage lang hatten Aktive auf einer Shell-Plattform protestiert, die per Schiff in die Nordsee transportiert wurde. Doch anstatt die Bohrpläne aufzugeben, versucht Shell nun mit einer Klage Greenpeace einzuschüchtern. Der Konzern fordert rund acht Millionen Euro Schadenersatz. „Wir lassen uns nicht mundtot machen. Es ist unsere Pflicht, auf diese Verbrechen hinzuweisen“, sagt Manfred Santen, Meeresexperte von Greenpeace.
Gegenwind für schmutzige Geschäfte
Trotz der Lobbymacht der Konzerne gab es Ende 2023 einen Hoffnungsschimmer: Auf der Klimakonferenz in Dubai beschloss die Weltgemeinschaft den Beginn des Ausstiegs aus fossilen Energieträgern. Positive Nachrichten kommen auch aus anderen Richtungen, etwa aus Norwegen: Greenpeace und andere Klimaschützende klagten erfolgreich gegen die Genehmigung dreier Öl- und Gasfelder in der Nordsee. Oder aus Frankfurt: Dort durchsuchte die Staatsanwaltschaft erneut die Deutsche-Bank-Fondstochter DWS, die aufgrund falscher grüner Werbeversprechen in einen handfesten Greenwashing-Skandal verwickelt ist. Auch Greenpeace konnte der DWS in zahlreichen Recherchen Greenwashing-Betrug beim Klimaschutz nachweisen. Und auch aus Brüssel: Erstmals diskutiert die EU-Kommission, die fossile Industrie für Klimaschäden zahlen zu lassen.
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