„1991 konnten wir den Weltpark Antarktis durchsetzen, der den Rohstoffabbau auf dem Festland für mindestens fünf Jahrzehnte verbietet. Nun geht es um den Schutz des Südpolarmeeres. auch Das wäre eine historische Entscheidung!“
Als ich von innen die gläserne Glocke unseres Mini-U-Bootes schließe, atme ich tief durch, dann gleite ich zusammen mit meinem Piloten langsam unter die Wasseroberfläche. Wir sinken hinein in eine lautlose, faszinierende Welt – das antarktische Weddellmeer. Zunächst ist das Wasser graublau, dann wird es immer dunkler und wir schalten Lampen und Kameras ein. Wir tauchen durch vorbeihuschende Fisch- und Krillschwärme hindurch, die nur wenige Sekunden im Blickfeld bleiben, dann erreichen wir in etwa 400 Metern Tiefe den Meeresboden. Ein unvergesslicher Moment:
Die Artenvielfalt, die wir dort entdecken, überrascht selbst mich als Meeresbiologin. Lebewesen in allen Größen und Farben, Schwämme, Korallen, Moostierchen und Seefedern gedeihen in der Tiefe. Ich filme bizarre Geschöpfe mit Tentakeln, Saugnäpfen oder palmenartigen Fächern. Manche heben plötzlich ab und schweben graziös wie eine Ballerina direkt vor meinen Augen vorbei. Der Pilot steuert auf steil abfallende Hänge zu. Hier ist noch nie ein Mensch gewesen, das Gebiet ist noch völlig unerforscht. Das ist Mare incognitum!
Mit dem Hydraulikarm unseres U-Bootes entnehmen wir einzelne Proben. Ob unbekannte Arten darunter sind, werden Laboranalysen zeigen. Vor allem aber erkennen wir, dass viele der Meerestiere – ähnlich wie in einem Korallenriff – zu komplexen dreidimensionalen Strukturen zusammengewachsen sind, die den antarktischen Eisfischen und anderen Meerestieren Lebensraum und Schutz bieten. Solche Artengemeinschaften sind ein Beleg dafür, dass das Weddellmeer ein sehr empfindliches Ökosystem ist. Wenn der Mensch dort Schaden anrichtet, hat das immense Auswirkungen. Denn aufgrund der Kälte erholen sich Flora und Fauna, wenn überhaupt, nur sehr langsam. Deshalb ist es so wichtig, dieses besondere und schon heute vom Klimawandel beeinträchtigte Gebiet zu schützen.
ANTARKTIS
Auf der Greenpeace-Expedition mit dem Eisbrecher „Arctic Sunrise“ erkundeten Forscher das empfindliche Ökosystem rund um die Antarktische Halbinsel. Im Herbst soll das Weddellmeer als weltweit größtes Meeresschutzgebiet beschlossen werden
Darum geht es bei dieser Expedition: Auf Initiative von Deutschland hat die EU bei der „Kommission zur Erhaltung der lebenden Meeresschätze der Antarktis“ (CCAMLR) den Antrag gestellt, das Weddellmeer vor industrieller Fischerei zu schützen – mit 1,8 Millionen Quadratkilometern wäre es das größte Meeresschutzgebiet der Welt, fünfmal so groß wie die Bundesrepublik. Und diesmal zieht Greenpeace mit der Regierung in Berlin an einem Strang. Die Entscheidung der CCAMLR im Herbst 2018 muss aber einstimmig fallen. Noch gibt es Gegner: China, Russland, Norwegen, Südkorea, Chile und die Ukraine betreiben im Südpolarmeer industriellen Fisch- und Krillfang oder wollen sich diese Option für die Zukunft offen halten. Mit unserer Arbeit vor Ort wollen wir alle 25 Kommissionsmitglieder – 24 Staaten und die EU – davon überzeugen, dass dieser einzigartige Lebensraum langfristig geschützt werden muss.
Dafür nehmen wir gerne Strapazen in Kauf, denn die Fahrt ans Ende der Welt ist heftig. Zwischen der Südspitze Chiles und dem Weddellmeer stoßen gleich drei Ozeane aufeinander: Atlantik, Pazifik und Südpolarmeer. Unser Schiff, die „Arctic Sunrise“, kämpft mit meterhohen Wellen, die uns in den Kojen hin und her werfen. An Schlaf und Essen ist zwei Tage lang nicht zu denken, selbst gestandene Seeleute brauchen da hin und wieder einen Eimer.
Aber wir werden schon bei unserer Ankunft mit einem fantastischen Blick auf die antarktische Bergwelt belohnt: Die Sonne taucht die weiße Kulisse in gleißendes Licht, ein unberührter Ort. Ich rieche die frische Luft, das salzige Meer, spüre den eisigen Wind im Gesicht und höre die Pinguine schnattern. Es fühlt sich an wie im Film, und ich bekomme – wie so oft in diesen Tagen – eine Gänsehaut. Zugegeben auch, als Oscar-Preisträger Javier Bardem neben mir steht. Irgendwie verrückt, denke ich, erkläre ihm aber kurz darauf, dass Forscher früher nur Proben aus Netzen ziehen konnten, die sie über den Meeresboden zogen. Bei unseren Tauchgängen mit dem U-Boot beschädigen wir den Grund dagegen überhaupt nicht. Der Schauspieler nickt, er wirkt ein bisschen nervös, denn als nächstes ist er dran. Alle freuen sich, dass er einen Tauchgang wagen möchte und dass ihm der Schutz der Antarktis ein ernsthaftes Anliegen ist. Ich bleibe diesmal oben, um an Land Proben zu sammeln. Denn wir wollen herausfinden, ob Schadstoffe, die wir Menschen produzieren und emittieren, auch diese Eiswelt belasten.
JAVIER BARDEM
Auf der Leinwand schlüpft Javier Bardem oft in die Rolle von Bösewichten. Für Greenpeace zeigt der spanische Oscar-Preisträger ein anderes Gesicht: Er reist mit in die Antarktis, um sich als Botschafter für die Einrichtung des Weddellmeer-Schutzgebietes zu engagieren. „Diese Stille und diese Tiefe, das berührt die Seele“, erzählt der Kinostar bei einer Pressekonferenz in Berlin von seinem Tauchgang. Nie hätte er so viel Leben in diesen kalten Gewässern erwartet, sagt der 49-jährige Greenpeace-Förderer mit leuchtenden Augen. Er sei viel rumgekommen, aber noch nie habe ihn etwas so überwältigt wie die Antarktis, sagt er und schwärmt von „Schlössern und Kathedralen aus Eis“. Der zweifache Vater appelliert an die Antarktiskommission: „Wir müssen jetzt die Chance nutzen und diese einzigartige Welt schützen.“ act.gp/bardemwale
Bei meinen Landgängen genieße ich die absolute Stille. Eingepackt in fünf Kleiderschichten beobachte ich in der Ferne, wie plötzlich eine Eisscholle kentert. Es sieht lustig aus, wie die Pinguine rudern, rutschen und ins Wasser plumpsen. Dann widme ich mich wieder meinen Schnee- und Wasserproben, die wir zu Hause auf per- und polyfluorierte Chemikalien (PFC) und Mikroplastik untersuchen werden.
Zurück an Bord duftet es herrlich nach indischer Küche. Bei den Temperaturen ist nichts wichtiger als gutes, warmes Essen. Menschen aus fast 20 Ländern strömen in die Messe. Sie alle halten zusammen, packen an, wo sie gebraucht werden. Und lassen ganz bestimmt nicht locker – bis die Meere rund um den Südpol geschützt sind.
DAVID HARBOUR
„Wie viele Re-Tweets muss ich generieren, damit ich mit Pinguinen tanzen darf?“, fragte David Harbour, Star der Serie „Stranger Things“, Greenpeace. 200.000, lautete die Antwort der Umweltschützer. Ein Klacks für den Filmstar. In nur fünf Stunden hatte der Erfinder des „Hopper-Tanzes“ mehr als die geforderten Twitter-Interaktionen beisammen – und durfte mit an Bord der Arctic Sunrise. „Es ist so wunderbar, dass eine völlig unberührte Natur wie diese noch existiert, sie hält den Planeten im Gleichgewicht“, sagt der 43-jährige US-Amerikaner und ruft seine 870.000 Twitter-Follower nach dieser beeindruckenden Reise zum Schutz der Antarktis auf.
Nie war es einfacher, einen Pinguin zu basteln! Die Anleitung finden Kinder und Jugendliche im Greenpeace-Aktionspaket zum Schutz der Antarktis. Auch mit drin: viele Infos, Aktionstipps, Unterschriftenlisten und Aufkleber. Die Unterschriften wird Greenpeace im Oktober an die Antarktiskommission übergeben und die Papp-Pinguine auf einer Eisscholle präsentieren. Bitte schickt deshalb beides bis zum 20. September an Greenpeace zurück. Bestellen könnt ihr das Aktionspaket per Mail: kids@greenpeace.de oder per Telefon: 040/30618-0.