Irrweg in den Tod

Februar

Drama in der Nordsee: 28 junge Pottwal-Bullen verenden im Januar und Februar vor den Küsten Englands, Dänemarks, Deutschlands und den Niederlanden.

Acht von ihnen stranden allein im Wattenmeer beim Kaiser-Wilhelm-Koog. Sie sind bis zu 12 Meter lang und 20 Tonnen schwer. Ihre kolossalen Körper pressen sich in den Sand und Schlick hinein, qualvoll langsam sterben die Meeressäuger.

Gestrandte Pottwale an der niederländischen Insel Texel ...
Gestrandte Pottwale an der niederländischen Insel Texel ...
... und in der Nähe von Brunsbüttel in Deutschland.
... und in der Nähe von Brunsbüttel in Deutschland.

Greenpeace-Biologe Jörg Feddern überfliegt die südliche Nordsee auf der Suche nach weiteren Pottwalen, um gegebenenfalls Maßnahmen einzuleiten, die die Strandung der Meeressäuger verhindern. Meeresexperten von Greenpeace sind vor Ort. Sie bewerten die Lage und informierten die Öffentlichkeit über mögliche Ursachen dieser Massenstrandungen.

 

Greenpeace-Meeresexpertin Larissa Beumer bei den gestrandeten Walen.
Greenpeace-Meeresexpertin Larissa Beumer bei den gestrandeten Walen.

Umweltgifte, Unterwasserlärm

Die Wale müssen sich auf ihrer Wanderung von Jagdgebieten vor Nord-Norwegen in Richtung ihrer Paarungsgebiete bei den Azoren verschwommen haben. Biegen sie noch vor Großbritannien gen Süden ab, geraten sie in eine Falle: Die südliche Nordsee ist zu flach für die größten Zahnwale der Welt. Die Tiefseejäger finden dort nicht genug zu fressen, auch ihr Echo-Ortungssystem funktioniert nicht mehr.

Immer wieder stranden Pottwale an der Nordseeküste. Ungewöhnlich viele, über 70 Exemplare, waren es auch in den 1990er-Jahren. Mögliche Ursachen sind Erdmagnetfeld-Störungen, Umweltgifte und Unterwasserlärm: Speziell seismische Tests der Offshore-Industrie können die Hörorgane und damit den Orientierungssinn der Tiere schädigen.

 

Auf der Jagd nach Tintenfisch

Zu den Strandungen 2016 haben Forscher aus Kiel und Büsum aber eine andere Theorie: In den Mägen von 13 Walen fanden sie über 100.000 unverdauliche Schnäbel von Tintenfischen. Starke Stürme könnten die Tintenfischschwärme in die Nordsee getrieben haben – und ihre Jäger hinterher.

ERFOLG

Gute Nachricht aus Island – 154 Finnwale leben weiter. Kristjan Loftsson, Chef des Walfangunternehmens Hvalur, sagt im Februar die Jagd auf bedrohte Finnwale für die Saison 2016 ab. 154 Tiere, die er laut seiner Fangquote hätte abschießen dürfen, sind damit vorerst gerettet.

Wie kam es dazu? Da es auf der Eisinsel keinen Markt für Finnwal gibt, exportierte Hvalur bisher nach Japan. Loftsson gibt an, die dortigen Auflagen zur Lebensmitteleinfuhr seien inzwischen zu kompliziert. Er hätte das Fleisch aufwändig chemisch analysieren lassen müssen. Soweit die offizielle Erklärung.

Beginn des isländischen Walfangs 2015: Ein Finnwal wird an Bord zerlegt.
Beginn des isländischen Walfangs 2015: Ein Finnwal wird an Bord zerlegt.

Bedarf an Walfleisch gedeckt

Tatsächlich ist in Japan der Bedarf an Walfleisch mehr als gedeckt, die Kühlhäuser sind voll. Auch diplomatischer Druck auf Island dürfte Loftsson zum Rückzieher bewegt haben, und nicht zuletzt trug der Druck seitens des deutschen Fischhandels seinen Teil bei: Greenpeace hatte deutsche Fischunternehmen und Supermarktketten immer wieder aufgefordert, Ware von HB-Grandi, an der Hvalur Anteile hält, abzulehnen, um nicht indirekt den grausamen Walfang zu unterstützen.